Gysi als Spitzenkandidat:Die Linke, das bin ich

Gregor Gysi auf dem Landesparteitag der Berliner Linken (Foto: dpa)

Gregor Gysi will die Linkspartei in den Bundestagswahlkampf führen. Allein. Gysi ist zwar unentbehrlich in der Partei. Unumstritten ist er deshalb noch lange nicht.

Ein Kommentar von Daniel Brössler

Über Gregor Gysi ist in der Linkspartei zu hören, er sei unumstritten. Das soll erklären, warum er und vermutlich nur er die Partei in den Wahlkampf führen wird. Die Begründung ist insofern ulkig, als Gysi es ja selber gewesen ist, der über den Hass in seiner Fraktion geklagt und damit auch viel Kritik auf sich gezogen hat. Gysi ist nicht unumstritten in der Partei. Er ist unentbehrlich. Das ist ein gewaltiger Unterschied.

Er bedeutet, dass Gysi nicht darauf angewiesen ist, sich auf die Zuneigung seiner Anhänger zu verlassen. Er kann fest auf die Ohnmacht seiner Gegner bauen. Es gibt in der Partei viele, insbesondere im Westen, die Sahra Wagenknecht gerne als Spitzenkandidatin an der Seite Gysis sähen.

Sie argumentieren, dass auch Wagenknecht über Popularität und mediale Aufmerksamkeit verfügt. Die Rechnung aber geht so: Ein Wahlkampf mit Wagenknecht an der Spitze könnte ein paar Stimmen bringen. Ein Wahlkampf ohne Gysi würde die Linke tödlich viele Stimmen kosten. Die Partei ist existenziell abhängig von Gysi. Darin liegt seine Macht.

Die Frage ist, was der bald 65-Jährige mit ihr noch anzufangen gedenkt. Gysi möchte verhindern, dass das linke Wagenknecht-Lager die Oberhand gewinnt. Ein Plan für die Zukunft ist das nicht. Gysi müsste langsam anfangen, die Partei auf die Zeit nach Gysi vorzubereiten. Dazu aber fehlt ihm die Lust oder die Macht oder beides.

© SZ vom 08.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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