Guido Westerwelle und die FDP in der Krise:Freund und Feind, Spreu und Weizen

Während aus den Ländern die FDP gegen ihren Vorsitzenden fröhlich weitermeutert, stellt sich die Bundesspitze hinter Guido Westerwelle. Fürsprecher und Widersacher im Überblick.

Lena Jakat

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(Foto: dpa)

Während aus den Ländern die FDP gegen ihren Vorsitzenden fröhlich weitermeutert, stellt sich die Bundesspitze hinter Guido Westerwelle. Fürsprecher und Widersacher im Überblick. Wolfgang Kubicki, Dampfplauderer mit Hang zur Drastik Mit ihm fing alles an: Der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Kubicki, berüchtigt für seine markigen Sprüche, eröffnete Mitte Dezember das Feuer auf den Parteichef Guido Westerwelle. Kubicki verglich den Zustand der FDP mit der "Spätphase der DDR". Wie dem SED-Regime könne es den Liberalen passieren, so der 58-Jährige, dass sie "in sich selbst zusammenfällt". Schuld an der Misere sei der Vorsitzende, der sich zunehmend abschotte. "Mit dem Abkapseln verschwindet ja auch die Möglichkeit, sich auszutauschen. Ab diesem Moment haben Sie Probleme bei der Entwicklung einer vernünftigen Strategie oder deren Umsetzung", sagte Kubicki.

Guido Westerwelle und die FDP in der Krise

Südwest-FDP, Wahlkämpfer mit Existenzangst

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Unterstützung für Kubicki kam prompt aus dem Landesverband Baden-Württemberg. In einem offenen Brief forderten vier prominente Liberale ihren Vorsitzenden auf, so bald als möglich zurückzutreten. Der Niedergang der FDP, schreiben der Stuttgarter Ehrenvorsitzende Wolfgang Weng, Ex-Staatssekretär Georg Gallus und der Göppinger Winfried Hüttl, lasse sich "eindeutig auch an persönlich-politischen Fehlern" Westerwelles festmachen. Deswegen solle der Bundesvorsitzende spätestens beim Dreikönigstreffen bekanntgeben, nicht erneut kandidieren zu wollen. Dieser Schritt "wäre für die Wahlkämpfer eine Chance, das Negativ-Image abzustreifen, das leider mit Ihrer Person medial verbunden ist und das sich bedauerlicherweise anders nicht mehr ändern lässt", schließt der Brief der besorgten Baden-Württemberger.

Guido Westerwelle und die FDP in der Krise

Herbert Mertin, Lokalmatador mit Ambitionen

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(Foto: dapd)

Auch in Rheinland-Pfalz stehen im März Landtagswahlen an und auch dort will die FDP auf Westerwelle im Wahlkampf verzichten. Der Parteichef hänge seit Monaten "wie ein Klotz am Bein", klagte der Mainzer Fraktionsvorsitzende Herbert Mertin. Die Basis sehe Auftritte Westerwelles "nicht als hilfreich an". Der Zustand seiner Partei sei derart katastrophal, dass man sich etwas einfallen lassen müsse, auch dazu, "in welcher Konstellation" man das mache. Der Spitzenkandidat für die Landtagswahl endete seine Kritik versöhnlich: Der Vizekanzler, so Mertin, möge die Weihnachtsfeiertage nutzen, um sich zu überlegen "wie wir wieder in die Offensive kommen".

Guido Westerwelle und die FDP in der Krise

Veit Wolpert, Kämpfer auf verlorenem Posten mit Drang zur Schadensbegrenzung

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(Foto: FDP-Fraktion Landtag Sachsen-Anhalt)

Die Zeit bis zu den Landtagswahlen wird knapp - auch in Sachsen-Anhalt. Dort bemüht man sich offenbar ebenfalls, den ungeliebten Parteichef aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Wie der Spiegel berichtete, sollen bereits am 2. Dezember Fraktionsvorsitzende aus sieben Ländern Westerwelle bei einem Treffen gesagt haben, er stelle eine Belastung für den Wahlkampf dar. "Wir verlangen keine Unterstützung aus Berlin. Wir wären schon froh, wenn sich der Schaden in Grenzen hielte", zitiert das Magazin den sachsen-anhaltinischen Fraktionschef Veit Wolpert.

Guido Westerwelle und die FDP in der Krise

Hans-Heinrich Sander, frustrierter Landesminister

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Aber nicht nur die Landesverbände, denen ein Wahlkampf bevorsteht, griffen Westerwelle an: Westerwelle habe Fehler gemacht, sagte Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. Er müsse einsehen, dass die Ämtertrennung der richtige Weg sei und solle sich "demütig vom Parteivorsitz zurückziehen". Die bodenlosen Zustimmungszahlen der FDP rechnete Sander vor allem dem Parteichef zu: "Es ist ja immerhin auch eine Leistung, innerhalb nur eines Jahres von ganz hohen Umfragewerten so tief in den Keller zu fallen", sagte Sander.

Guido Westerwelle und die FDP in der Krise

Hans-Werner Schwarz, versöhnlicher Kritiker

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(Foto: Stefan Kröger/FDP-Fraktion Landtag Niedersachsen)

Unterstützung bekam Sander aus der Fraktion des niedersächsischen Landtags. Der Liberale Hans-Werner Schwarz sagte der Hannoverschen Allgemeinen, er halte bei Westerwelle die Konzentration auf nur ein Amt für einen sinnvollen Weg. Schwarz sagte, der FDP-Chef gebe als Außenminister eine gute Figur ab, solle diese Position daher auch weiter ausüben. Es sei aber gleichzeitig sinnvoll, sagte Schwarz, dass beim Parteitag im Mai ein anderer den FDP-Bundesvorsitz übernehme.

Guido Westerwelle und die FDP in der Krise

Jörg-Uwe Hahn, Geheimdiplomat auf Rettungsmission

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(Foto: ddp)

Auch der Landesvorsitzende aus dem nicht wahlkämpfenden Hessen soll Westerwelle bei einem geheimen Treffen in der Bundeshauptstadt den Rückzug vom Parteivorsitz nahegelegt haben. Das berichtete der Spiegel. Dem Magazin zufolge habe Hahn Westerwelle gefragt, ob nicht von allen Szenarien der Rücktritt die beste Alternative wäre.

Guido Westerwelle und die FDP in der Krise

Wolfgang Heubisch, Aufsteiger mit Beschützerinstinkt

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(Foto: AP)

Bayerns Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch will vor allem eines: die Führungsfrage schnell klären. "Innerhalb des nächsten Vierteljahres müssen wir eine kraftvolle Entscheidung fällen, zugunsten unseres Vorsitzenden oder für eine Neuausrichtung", sagte Heubisch. Der Minister stärkte seinen Kollegen aus der Südwest-FDP den Rücken. Idealerweise müsse diese Entscheidung noch vor der Wahl in Baden-Württemberg getroffen werden, sagte Heubisch. Baden-Württemberg gilt als Kernland der Liberalen.

Guido Westerwelle und die FDP in der Krise

Rainer Brüderle, Versöhner mit Machtpotential

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(Foto: dpa)

Werden aus den Landesverbänden meuternde Stimmen laut, stehen im Bundeskabinett die FDP-Minister - zumindest offiziell - hinter ihrem Parteivorsitzenden. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle warf den Westerwelle-Kritiken Profilierungssucht vor:  "Manche können sich nur profilieren, wenn sie sich gegen die eigene Partei positionieren", sagte Brüderle dem Handelsblatt. "Nur meckern und selbst keine konkreten Lösungsvorschläge machen, ist immer der einfachste Weg." Brüderle wird als möglicher Nachfolger Westerwelles gehandelt, will davon jedoch nichts wissen: "Die FDP hat einen Vorsitzenden, der das Vertrauen des gesamten Präsidiums genießt."

Guido Westerwelle und die FDP in der Krise

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Warnerin mit Zukunft

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(Foto: ddp)

Sie will die Personaldebatte abwenden, bevor es zu spät ist: Die Auseinandersetzung könne "einen Scherbenhaufen anrichten", sagte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und stellte sich hinter den Parteichef. Westerwelle habe die Partei 2009 zu einem guten Ergebnis geführt. "Wir haben eine gemeinsame Verantwortung im Team. Ich bin Teil dieses Teams und wir werden auch im Team gewinnen", sagte die Vorsitzende der Bayern-FDP der Mittelbayerischen Zeitung. Mit Blick auf die anstehenden Wahlen gab sich die Ministerin optimistisch. "Es kann noch vieles besser werden, um den Wählern die FDP als überzeugende Alternative zu präsentieren", so Leutheusser-Schnarrenberger. Die 59-Jährige ist ebenfalls immer wieder als Westerwelles Thronfolgerin an der Parteispitze im Gespräch, lässt solche Spekulationen jedoch stets unkommentiert.

Guido Westerwelle und die FDP in der Krise

Philipp Rösler, Ursachenforscher aus der Nachwuchsriege

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(Foto: dpa)

"Zwergenmut" warf Gesundheitsminister Philipp Rösler den Kritikern Westerwelles vor und zeigte wenig Verständnis dafür, dass die Landesverbände auf den Wahlkämpfer Westerwelle verzichten wollen: "Guido Westerwelle hat klar signalisiert: Er wird die Partei in die Landtagswahlen im Frühjahr führen", sagte Rösler. Das werde er auch erfolgreich tun. Rösler mahnte, dass man nur Kritik ernst nehmen dürfe, "wenn sie offen und ehrlich vorgetragen wird". Der Minister lieferte auch gleich eine Erklärung für das schlechte Image des Vizekanzlers: Als Generalsekretär habe er einst gegen den politischen Gegner Aggressivität zeigen müssen, was sein Bild in der Öffentlichkeit noch immer präge.

Guido Westerwelle und die FDP in der Krise

Christian Lindner, zuverlässiger Pflichtverteidiger

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(Foto: Getty Images)

Westerwelles Nachfolger im Amt des Generalsekretärs übte sich auch in aggressiven Tönen, als er Wolfgang Kubicki konterte: "Mit ätzender Kritik kann man vielleicht Selbstdarstellung betreiben, aber keine Probleme der FDP lösen", sagte Christian Lindner. "So macht man sich zum Kronzeugen der Gegner."

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Lasse Becker, vorsichtiger Jungliberaler

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(Foto: picture alliance / dpa)

Der Vorsitzende der Jungen Liberalen ist nicht ganz so eindeutig in seiner Verteidigung des Parteichefs. Im Interview mit sueddeutsche.de warnte Lasse Becker vor einer "Selbstzerfleischung" der Partei. "Diese Verengung auf die Personaldebatte, wie wir sie nun teilweise erleben, führt uns nicht weiter", sagte Becker. Er betonte allerdings auch, dass es in der Partei "einige kluge Köpfe" gebe, "auch solche, die Führungsaufgaben übernehmen können und neue Inhalte glaubwürdig verkörpern". Über die Zukunft der FDP-Führung solle erst auf dem Bundesparteitag im Mai entschieden werden.

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