Venezuela:Europaparlament erkennt Guaidó als Interimspräsidenten an

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  • Bei Gesprächen im rumänischen Bukarest wollen sich die EU-Staaten auf eine gemeinsame Linie zur Staatskrise in Venezuela einigen. Ob das gelingt, ist allerdings fraglich.
  • Das Europäische Parlament versucht nun, den Kurs vorzugeben: Mit großer Mehrheit entscheiden sich die Abgeordneten für eine Anerkennung des selbsternannten Interimspräsidenten Guaidó.
  • Der 35-jährige Ingenieur hatte Maduro, der zunehmend autokratisch regiert und das Land in eine verheerende Wirtschaftskrise geführt hat, im Januar herausgefordert.

Die Mitgliedsländer der Europäischen Union ringen noch um eine einheitliche Position zur Staatskrise in Venezuela. Das Europäische Parlament versucht nun, den Weg vorzugeben. Die Abgeordneten entschieden sich mit großer Mehrheit dafür, Juan Guaidó, den Herausforderer des despotisch regierenden Machthabers Nicolás Maduro, als rechtmäßigen Interimspräsidenten anzuerkennen.

Die Parlamentarier begründen dies mit den jüngsten Äußerungen Maduros. Dieser hatte die EU-Forderung nach einer umgehenden fairen Neuwahl des Präsidenten in dem Land öffentlich abgelehnt, gar von einer "Frechheit" gesprochen. Der Staatschef bot zwar an, Parlamentswahlen möglicherweise etwas früher abzuhalten. Seine eigene Macht - die nur bei Präsidentschaftswahlen wirklich zur Disposition stünde - will er aber nicht antasten lassen.

Die EU will sich in Bukarest einigen

Ob sich die EU-Staaten auf eine gemeinsame Linie in der Frage der Anerkennung Guaidós einigen können, ist noch unklar. Am Donnerstagnachmittag soll es darüber Gespräche bei einem informellen Außenministertreffen in der rumänischen Hauptstadt Bukarest geben.

Machtkampf mit Maduro
:Guaidó: "Venezuela ist eine Diktatur"

Der selbsternannte Interimspräsident Guaidó ruft das Militär zum Seitenwechsel auf - und schreibt von einem geheimen Treffen.

Mehrere europäische Staaten wie Deutschland, Frankreich und Spanien hatten Maduro am vergangenen Wochenende ein Ultimatum gestellt. Die Drohung lautete: Ruft Maduro bis zu diesem Sonntag keine freien und fairen Wahlen aus, wollen sie den 35-jährigen gelernten Ingenieur Guaidó, der sich selbst zum Interimsstaatschef erklärt hat, als Übergangspräsidenten anerkennen.

Ziel ist es eigentlich, diese Entscheidung im Namen der EU zu treffen. Länder wie Griechenland weigerten sich aber bis zuletzt mitzuziehen. Dass das Europaparlament Guaidó anerkennt, hat vor allem symbolische Bedeutung, weil es in außenpolitischen Fragen der EU kein Mitbestimmungsrecht hat.

Entschiedener als die EU machen die USA Druck auf Maduro. Sie haben erstmals scharfe Sanktionen gegen die venezolanische Ölindustrie verhängt, den mit Abstand wichtigsten Wirtschaftszweig des Landes. Washington stärkte Guaidó unmittelbar nach seiner Autoproklamation den Rücken, eine Reihe lateinamerikanischer Staaten erkennt ihn ebenfalls als legitimen Interimspräsidenten an. Unter anderem die Türkei, China, Russland, Kuba und Bolivien hingegen stützen die bisherige Regierung.

Als entscheidend für den Machtkampf in Venezuela wird die Frage angesehen, ob die Armee weiterhin an der Seite Maduros bleibt. Unter seiner Regentschaft ist Venezuela in den vergangenen Jahren in eine massive Versorgungskrise geraten, zudem regierte er zunehmend autokratisch. Aus Protest dagegen hat sich Guaidó am 23. Januar zum legitimen Interimspräsidenten erklärt. Demonstranten erneuerten am Mittwoch in Caracas die Forderung nach einem Machtwechsel. Die Hoffnungen, eine friedliche Lösung herbeizuführen, ruhen vor allem auf den Regierungen Mexikos und Uruguays, die angeboten haben, zwischen Maduro und der Opposition zu vermitteln.

© SZ.de/bepe/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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