Großbritannien:Soldaten im Einsatz gegen Kraftstoffkrise

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Im Vereinigten Königreich haben derzeit viele Tankstellen kein Benzin. Der Grund ist ein Mangel an Lastwagenfahrern. (Foto: Jon Super/dpa)

Die Regierung will Teile ihrer Streitkräfte einsetzen, um den Benzinmangel an britischen Tankstellen einzudämmen. Derweil erhalten Deutsche mit Lkw-Führerscheinen Post vom britischen Verkehrsministerium.

In Großbritannien sollen von Montag an Soldaten im Einsatz sein, um den anhaltenden Kraftstoffmangel an britischen Tankstellen einzudämmen. Fast 200 Mitglieder der Streitkräfte, darunter 100 Lastwagenfahrer sollen "temporäre" Unterstützung leisten, wie die britische Regierung am Samstag mitteilte.

Darüber hinaus sollen Angebote für ausländische Lkw-Fahrer erweitert werden. So sollen bis zu 300 Fahrer aus dem Ausland sofortige Arbeitsvisa erhalten, die bis März gültig sein sollen. Bislang hatte die Regierung versucht, Bewerber aus dem Ausland mit temporären Visa bis Weihnachten auf die Insel zu locken.

Regierung schreibt Deutsche mit alten Führerscheinen an

Auch etliche in Großbritannien lebende Deutsche mit einem älteren Führerschein haben aufgrund des akuten Lastwagenfahrermangels Post von der britischen Regierung bekommen. Das berichtet die Zeitung Independent. Tausende Deutsche im Land, die vor 1999 ihren Führerschein gemacht hätten, seien angeschrieben worden, da sie kleinere Lastwagen mit einem maximalen Gewicht von 7,5 Tonnen fahren dürften.

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In dem Brief des Verkehrsministeriums, der der Zeitung vorliegt, wird den Angeschriebenen nahe gelegt, eine "Rückkehr" in die Fernfahrerbranche in Betracht zu ziehen - auch wenn viele der Adressaten noch nie am Steuer eines Lasters gesessen hätten. "Es gibt großartige Möglichkeiten für Lastwagenfahrer in der Logistikbranche und die Arbeitsbedingungen haben sich im gesamten Sektor verbessert", heißt es in dem Schreiben. "Ihre Fähigkeiten und Erfahrungen sind noch nie mehr gebraucht worden als jetzt."

Aus dem britischen Verkehrsministerium hieß es, der Brief sei an fast eine Million Menschen mit Lkw-Führerscheinen gesendet worden. Aus Datenschutzgründen sei es unmöglich gewesen, die Liste der Empfänger genauer nach Berufen zu filtern.

In einigen Teilen des Landes bessert sich die Lage

"Es ist schön zu wissen, dass es noch immer Job-Perspektiven hier für uns nach dem Brexit gibt", sagte ein 41-jähriger Deutscher, der mit seiner Frau in London lebt, dem Independent. "Wären wir nach Deutschland gegangen, wären wir wohl niemals als Lastwagenfahrer von Headhuntern angeworben worden." Vorerst wolle er seinen Job bei einer Investmentbank jedoch behalten, und seine Frau habe auch noch nie ein größeres Auto als einen Volvo gefahren und werde die "aufregende Möglichkeit" wohl auch ausschlagen.

Der akute Fahrermangel hat auf der Insel derzeit drastische Konsequenzen: In Großbritannien herrschen seit mehr als einer Woche extreme Engpässe an vielen Tankstellen. Viele sind geschlossen. An den übrigen bilden sich lange Schlangen, da Tanklaster viele nicht rechtzeitig beliefern können. Auch Supermarktregale blieben bereits teilweise leer. Während der Pandemie haben viele Fahrer aus Osteuropa das Land verlassen. Strenge Einreiseregeln nach dem Brexit sorgen dafür, dass etliche nicht zurückkehren.

In einigen Teilen des Landes soll sich die Lage gebessert haben. Das gilt nach Angaben eines großen Tankstellenverbands jedoch nicht für London und den Südosten. Während sich die Lage in Schottland, dem Norden Englands und Teilen der Midlands gebessert habe, sei es im Süden "allenfalls schlimmer geworden", sagte der Chef der Petrol Retailers Association Brian Madderson der BBC.

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