Hilfe für Griechenland:Regierung knickt vor Sarkozy ein

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Sollen sich private Gläubiger an der Griechenland-Hilfe beteiligen? Ja, forderte die Bundesregierung über Wochen - und zwar verpflichtend und substantiell. Nach einem Gipfeltreffen von Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy lautet die Formel nun: Beteiligung auf "freiwilliger Basis". Was das bedeuten soll, ist völlig unklar.

Thorsten Denkler, Berlin

Dem französischen Staatspräsidenten scheint ein Begriff wie "Ernst der Lage" eher fremd zu sein. Neben ihm steht Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und erläutert, wie Griechenland und damit der Euro gerettet werden können. Es geht um viel: Griechenland ist mit etwa 350 Milliarden Euro verschuldet. Das entspricht in etwa dem Bundeshaushalt für ein Jahr. Wenn Griechenland nicht wieder auf die Beine kommt, dürften auch die Volkswirtschaften der anderen Euroländer in Schieflage geraten.

Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy zu Besuch im Kanzleramt: "September ist nicht so schnell wie möglich." (Foto: dpa)

Es gäbe also genügend Gründe, die Stirn in Sorgenfalten zu legen, so wie es Merkel gerade vormacht. Sarkozy aber sieht eher so aus, als würde er an seine schwangere Frau Carla Bruni denken. Er macht ein verzücktes Gesicht, lächelt erst in eine Richtung des Saals, dann in die andere. Der Präsident ist nach Berlin gekommen, um mit Merkel den Europäischen Rat vorzubereiten, der in einer Woche beginnt. Dort soll ein neues Hilfspaket für Griechenland geschnürt werden - über rund 100 Milliarden Euro.

Noch mehr aber streiten sich Franzosen und Deutsche über den Vorstoß von Merkel und ihrem Finanzminister Wolfgang Schäuble, dass auch die privaten Gläubigerbanken etwas beisteuern sollten - und zwar "substantiell". Etwa, indem sie bei alten Krediten mit günstigen Zinsen die Laufzeiten verlängern. Lustig findet Sarkozy das nicht. Die französischen Banken wären davon besonders betroffen.

Hier aber, bei Merkel im Kanzleramt, spricht Sarkozy plötzlich von einem "Durchbruch". Das Zauberwort heißt: "freiwillige Basis". Auf dieser Basis sollen Banken sich unter Beteiligung der Europäischen Zentralbank engagieren.

Aus Perspektive der deutschen Regierung ist das ein bemerkenswerter Schwenk. Vor Wochen noch pochte sie auf einer verpflichtenden Abgabe der privaten Gläubiger. Vor dem Merkel/Sarkozy-Treffen beharrte sie auf einer "substantiellen, quantifizierbaren, verlässlichen und freiwilligen" Beteiligung. Und nun ist es also nur noch eine "freiwillige Basis".

"Es geht nicht um September"

Was das bedeutet, ist unklar. Niemand weiß, wie die Banken dazu gebracht werden können, freiwillig auf Außenstände zu verzichten. Kaum denkbar, das Merkel den deutschen Bankern abverlangt, für Griechenland auf Rendite zu verzichten, während die hauptsächlich betroffenen französischen Banken von solchen Bitten verschont bleiben.

Einig immerhin sind sich Merkel und Sarkozy, dass ein zweites Hilfsprogramm in vollem Einverständnis mit der Europäischen Zentralbank entwickelt werden soll und das auch jetzt "so schnell wie möglich". Sarkozy hat Merkel in dieser Frage ein schnelleres Tempo abgetrotzt.

Die Bundesregierung hatte verlauten lassen, möglicherweise erst im September die neue Griechenlandhilfe beschließen zu wollen. Dafür fing sich Merkel einen Rüffel von Jean-Claude Juncker ein, dem Chef der Euro-Gruppe, der im Tagesspiegel trocken mitteilte: "Ich bin nicht der Meinung, dass wir zulassen sollten, dass die Entscheidungen bis in den September hinein verschoben werden." Der Meinung schließt sich Sarkozy dezidiert an. "So schnell wie möglich" solle die Griechenland-Hilfe beschlossen werden, sagt er. "September ist nicht so schnell wie möglich."

Warten auf den Troika-Bericht

Merkel lenkt ein: "Es geht nicht um September, sondern um möglichst schnelles Arbeiten." Sie wirkt ein wenig säuerlich, als sie hinzufügt: "Wir diskutieren immer wieder die gleichen Fragen, ohne dass sie gelöst werden." Erst wenn es Lösungen gebe, sei Deutschland bereit, darüber abzustimmen. Wohl auch deshalb hält sie es nicht für sinnvoll, sich "jetzt auf einen Tag festzulegen".

Merkel erinnert daran, dass bis heute kein abschließender Bericht der sogenannten Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds vorliege. Der sei aber notwendig, bevor weiteres Geld für Griechenland bereitgestellt werden könne. Bis zum EU-Gipfel in einer Woche dürfte es noch einigen Gesprächsbedarf geben. Nicht zuletzt, weil auch die Griechen noch Forderungen haben dürften.

In einem Telefonat mit dem griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou äußerte dieser gegenüber Merkel offenbar die Erwartung, dass vom Europäischen Rat der Regierungschefs "in der nächsten Woche ein Signal ausgeht", die "Komponente der Solidarität" betreffend. Auch Papandreou weiß, dass die Rettung vor dem Staatsbankrott nicht nur ihm hilft.

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