Noch ist nicht ganz klar, was genau passiert ist, warum es plötzlich brannte. Zuerst unter den Olivenbäumen am Rand des Lagers, wo Menschen unter Plastikplanen hausen. Dann in der Küche eines doppelstöckigen Wohncontainers im Flüchtlingscamp von Moria, wo es so eng ist und alles voller Menschen. Nun ist eine junge Frau aus Afghanistan tot. Die Frau ist verbrannt.
Als sich am Sonntagabend die Nachricht von dem Vorfall verbreitet, gibt es in dem Camp auf der griechischen Insel Lesbos einen Aufstand. Hunderte Migranten, meist Jugendliche, gehen auf Polizisten und Beamte los, die in Moria arbeiten. Griechische Medien zeigen das Bild eines junges Mannes, der sich ein T-Shirt über den Kopf gezogen und mit einer Eisenstange bewaffnet hat. Sie zeigen auch einen lichterloh brennenden Wohncontainer, viel Rauch und Menschen, die in Panik fliehen. Die Leitung des Lagers bekam das Geschehen erst einmal nicht in den Griff.
"Wir wurden angegriffen und konnten nicht sofort die Feuer im Lager löschen. Wir haben Angst um unser Leben gehabt", sagt der Sprecher der Gewerkschaft der Feuerwehr von Lesbos, Georgios Dinos, im Fernsehen. Migranten hätten zudem versucht, festgenommene Flüchtlinge aus einem Containergefängnis zu befreien, berichten Reporter, die in Moria sind. Die Polizei setzte massiv Tränengas ein. Sie brachte in der Nacht mit einem Transportflugzeug zusätzliche Einheiten auf die Insel.
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Moria am Sonntag: Wohncontainer stehen in Flammen, die Bewohner des Lagers auf der griechischen Insel Lesbos sind in Aufregung.
Bild: AP -
Viele Migranten flohen vor dem Feuer, das an zwei Stellen des Camps ausgebrochen ist.
Bild: Fabien PERRIER/AFP -
In der Folge des Feuers protestierten und randalierten Migranten, Feuerwehrleute wurden angegriffen: Ein Mann außerhalb des Lagers, "unterstütze das Team Menschlichkeit Dänemark" steht auf seinem T-Shirt.
Bild: ANGELOS TZORTZINIS/AFP -
Die griechische Polizei schoss mit Tränengasgranaten, um die protestierenden Menschen zu zerstreuen.
Bild: AFP -
Das Lager am Tag danach: Mehrere Wohncontainer sind abgebrannt, die Menschen haben sich zumindest vorerst beruhigt.
Bild: AFP -
In den vergangenen Monaten kamen wieder deutlich mehr Migranten von der Türkei übers Mittelmeer nach Griechenland, allein im September sollen es mehr als 8000 gewesen sein: Ein Schiff der EU-Küstenschutzagentur Frontex schleppt ein Schlauchboot, das Migranten genutzt hatten, in den Hafen Skala Sikamias auf Lesbos.
Bild: AFP
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Apostolos Veizis, der Chef von Ärzte ohne Grenzen (MSF) in Griechenland, klingt bitter am Telefon: "Wir haben so etwas leider erwartet", sagt er. "Moria ist völlig überfüllt, mit 13 000 Menschen, an einem Ort, der für 3000 gedacht war." Er sagt, in Moria gebe es alles: Aggression und Verzweiflung, Depression, Selbstmorde. Veizis ist in Athen, er hat am Sonntag sofort zusätzliche Ärzte, Schwestern und Psychologen nach Lesbos geschickt. Sie hätten 21 Verletzte behandelt, fünf in Hospitäler gebracht. Seit 18 Jahren sei er bei MSF, sagt Veizis, er habe viele Krisenherde gesehen, "ich hätte nie gedacht, dass wir einmal in Europa arbeiten müssen". Was ihn besonders bewegt: "Diese Frau hat den Krieg in Afghanistan überlebt und nun ist sie in Griechenland gestorben."
Auch der Vizepolizeiminister flog noch am Sonntag auf die Insel, das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hatte erst den Tod von zwei Menschen gemeldet, auch den eines Babys. Am Montag wird dies von den griechischen Behörden zunächst nicht bestätigt. Die Situation in Moria wird als "angespannt, aber ruhig" beschrieben. "Brandstiftung schließe ich aus", sagt ein Sprecher des Bürgerschutzministeriums.