Ukraine-Krise:Getreide mit Geleitschutz

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Mitglieder einer ukrainische-russisch-türkischen Delegation kontrollieren die Fracht der Razoni. (Foto: Turkish Defence Ministry Press Office/AFP)

Der Frachter Razoni ist in der Türkei angekommen - mit 26 000 Tonnen Mais aus der Ukraine. Ein neues Abkommen, das weltweite Hungersnöte verhindern soll, hat die Ausfuhr ermöglicht.

Von Tomas Avenarius, Istanbul

Mit der Ankunft des Frachters Razoni in der Türkei hat die Ausfuhr ukrainischen Getreides über den Seeweg begonnen. Die Reise des Frachters, der rund 26 000 Tonnen Mais geladen hatte, war durch das von der Türkei vermittelte russisch-ukrainische Getreideexport-Abkommen möglich geworden. Mit dem Abkommen sollen rund 25 Millionen Tonnen Nahrungsmittel, die wegen der russischen Seeblockade seit Kriegsbeginn in ukrainischen Häfen festliegen, auf den Weltmarkt kommen. Die Ukraine ist weltweit einer der wichtigsten Exporteure von Getreide und Sonnenblumenöl. Es wird befürchtet, dass es in Afrika und dem Nahen Osten ohne die ukrainischen Ausfuhren zu massiven Preissteigerungen, Mangel und Hungersnöten kommen wird.

Die Razoni hatte die ukrainische Hafenstadt Odessa durch einen sicheren Korridor in den verminten Gewässern des Schwarzen Meeres verlassen. Sie war dann an den Rumänien und Bulgarien vorbei in Richtung des Bosporus gefahren. An der Einfahrt in die türkische Wasserstrasse hatte sie nach ihrer etwa 36-stündigen Reise in der Nacht zum Mittwoch geankert.

Eine im Abkommen vereinbarte Inspektion der Frachter aus der Ukraine wurde auf der Razoni dann am Mittwoch Vormittag durchgeführt. Teams eines eigens eingerichteten Kontrollzentrums mit Vertretern der Türkei, der Ukraine und Russlands inspizierten das Schiff. Durch diese Durchsuchungen von Frachtschiffen aus der Ukraine soll auf Wunsch Moskaus verhindert werden, dass Waffen oder anderes kriegswichtiges Material geschmuggelt werden.

Das Inspektionsteam hatte sich am Mittwochmorgen mit zwei Booten von einem kleinen Fischerhafen an der Bosporus-Einfahrt auf den Weg gemacht. Während der Kontrolle wurde der Frachter von zwei Booten der türkischen Küstenwache abgeschirmt, über den Schiffen kreiste ein Helikopter.

Laut UN sind 27 weitere Frachter bereit auszulaufen

Die problemlose Reise der Razoni ist vor allem für die die Ukraine ein Hoffnungsschimmer. Die Regierung in Kiew will ihre Getreideexporte wieder aufnehmen: In den Häfen und Silos der Ukraine liegen seit Kriegsbeginn rund 25 Millionen Tonnen Getreide fest. Sie können wegen der russischen Seeblockade nicht exportiert werden, zudem hat die Ukraine die drei Häfen, die sie noch kontrolliert, selbst vermint. Ein UN-Sprecher sagte in New York, es sei zu hoffen, dass nun weitere Schiffe ukrainische Häfen verlassen könnten. 27 Frachter seien bereit, auszulaufen.

Dass die Reise der unter der Flagge von Sierra Leone fahrenden Razoni ohne Zwischenfälle verlief, ist für die Türkei ein politischer Erfolg. Ankara hatte das Abkommen zwischen den Kriegsparteien gemeinsam mit den Vereinten Nationen (UN) auf den Weg gebracht. Präsident Recep Tayyip Erdoğan trifft am Freitag im russischen Sotchi mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin zusammen. Dort wird neben anderen Fragen auch das Abkommen Thema sein.

Zuletzt hatte der deutsche Ex-Kanzler Gerhard Schröder nach einem privaten Moskau-Besuch im Stern die Hoffnung geäußert, das Getreideexport-Abkommen könne ein Schritt hin zu Gesprächen über einen russisch-ukrainischen Waffenstillstand sein. Schröder sagte, Moskau sei an Verhandlungen interessiert.

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