Geschichte:Anne Frank bleibt Namensgeberin für Kita in Tangerhütte

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Eine aufgeräumte Holzeisenbahn in einer Kita. (Foto: Christoph Soeder/dpa/Archivbild)

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Tangerhütte (dpa) - Eine mögliche Namensänderung der Kita „Anne Frank“ in Tangerhütte (Sachsen-Anhalt) ist nach weltweiter Empörung vom Tisch. Der Bürgermeister der Einheitsgemeinde Stadt Tangerhütte, Andreas Brohm (parteilos), bestätigte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur, dass die Diskussion vom Kuratorium der Kita beendet worden sei. Man sei ohnehin seitens der Kita und des Kuratoriums mitten in der Diskussion gewesen. In der vergangenen Woche hatte sich auch der Stadtrat gegen eine Umbenennung der Kita „Anne Frank“ in „Weltentdecker“ ausgesprochen.

Worum ging es?

Nach Angaben des Bürgermeisters von Tangerhütte, Andreas Brohm, wurde in den vergangenen 14 Monaten an einem neuen Konzept für die Kindertagesstätte „Anne Frank“ gearbeitet. Bereits Anfang 2023 sei in diesem Zusammenhang auch überlegt worden, diese grundlegende Konzeptänderung mit einem anderen Namen sichtbar zu machen. Konkrete Pläne oder Entscheidungen zum Namen hätten aber nicht angestanden. Dennoch hatten sich vergangene Woche auch die Fraktionen des Stadtrats in einer gemeinsamen Erklärung gegen die Überlegungen gewendet: „Die Behauptung durch die Kita-Leitung, der Name Anne Frank wäre ungeeignet und Kindern schwer vermittelbar, zeugt eher von einer Geschichtsvergessenheit der Verantwortlichen“, hieß es in der Erklärung. Im Gespräch sei der Name „Weltentdecker“ gewesen, wie die „Magdeburger Volksstimme“ am 6. November berichtet hatte.

Wie waren die Reaktionen?

Weltweit berichteten Zeitungen über den Fall aus Tangerhütte, unter anderem die „New York Times“, „Jerusalem Post“, „Times of Israel“ und „Le Figaro“ aus Frankreich. Das Internationale Auschwitz Komitee kritisierte die Pläne scharf und nannte sie „töricht“. Der Vorsitzende der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem schrieb in einem Brief an die Stadt, die Pläne sendeten ein „alarmierendes Signal an die Bürger in Ihrer Region“. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) bewertete die Pläne als „völlig falsches Signal“. In einigen Publikationen und Beiträgen in Sozialen Netzwerken wurde zudem das Gerücht gestreut, die Umbenennung erfolge aufgrund von Druck durch Eltern mit Migrationshintergrund.

Wer war Anne Frank?

Anne Frank wurde 1929 als Kind jüdischer Eltern in Frankfurt am Main geboren. Ihre Familie flüchtete 1933 vor den Nationalsozialisten in die Niederlande. Dort versteckte sie sich von 1942 bis 1944 in einem Hinterhaus. In dieser Zeit schrieb Anne Frank ein Tagebuch, das heute zu den meistgelesenen Werken der Weltliteratur gehört. 1945 starb sie im Alter von 15 Jahren im Konzentrationslager Bergen-Belsen.

Gab es bereits ähnliche Fälle?

Einen ähnlichen Fall hatte es bereits vor rund zwei Jahren gegeben: Nach einem öffentlichen Aufschrei wurde die „Anne Frank“-Kita im thüringischen Elxleben nicht umbenannt. Ausschlaggebend waren unter anderem Proteste aus der Jüdischen Gemeinde.

Ist die Geschichte damit beendet?

Auch wenn die Umbenennung vom Tisch ist, werde das Thema innerhalb der Stadt weiter besprochen werden müssen, sagte der Vorsitzende des Stadtrats von Tangerhütte, Werner Jacob (CDU) auf Anfrage. In der vergangenen Woche hatten mehrere Stadträte den parteilosen Bürgermeister bereits zum Rücktritt aufgefordert. „Moralisch hat er da komplett versagt und das wird Konsequenzen haben“, sagte Jacob. Mit seinen Äußerungen habe der Bürgermeister die Stadt international in ein schlechtes Licht gerückt. Besonders die Reaktion aus Yad Vashem habe ihn berührt, sagte Jacob. Hier werde er im Namen des Stadtrats eine Antwort verfassen.

© dpa-infocom, dpa:231112-99-920897/2

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