Etwa 50 Männer knien mit verbundenen Augen im Wüstensand. Die meisten tragen lediglich eine Unterhose. Zwischen ihnen laufen israelische Soldaten in Vollmontur hin und her. Ein Bild, das aus dem nördlichen Gazastreifen stammen soll und in den sozialen Medien kursiert, wirft gerade viele Fragen auf. Ähnliche Aufnahmen, die teils nicht verifiziert werden konnten, zeigen halb nackte, gefesselte Männer auf der Laderampe eines Militärfahrzeugs. Was wir über die Aufnahmen wissen - und was nicht.
Wen zeigt das Bild?
Zunächst hatte die israelische Armee die Aufnahme, die CNN und BBC verifiziert haben, nicht kommentiert. Mittlerweile hat der israelische Regierungssprecher Eylon Levy bestätigt, dass es sich um Gefangene handelt, die in den Hamas-Hochburgen Jabalia und Shejaija im nördlichen Gazastreifen festgenommen wurden. Es handele sich um "Männer im wehrfähigen Alter", die in Gebieten aufgegriffen wurden, die bereits vor Wochen geräumt werden sollten. Es seien Gebiete, in denen die israelische Armee sich im "Nahkampf" mit der Hamas befindet, zitiert CNN Levy.
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Israels Armee hat nach eigenen Angaben das Haus von Hamas-Chef Jahia Sinwar in der zweitgrößten Stadt des Gazastreifens umstellt. Zugleich wächst wegen des Leids der Zivilbevölkerung die internationale Kritik.
Laut CNN-Recherchen sollen sich zumindest einige der Festgenommenen, die auf dem Bild zu sehen sind, ergeben haben und keine Verbindung zu militanten Gruppen im Gazastreifen aufweisen. Auch die Menschenrechtsorganisation Euro-Mediterranean Human Rights Monitor, die die Bilder verbreitet, berichtet, dass unter den Festgehaltenen Dutzende Zivilisten seien. Betroffen sein sollen auch "Ärzte, Akademiker, Journalisten und ältere Männer". Laut Recherchen der britischen BBC wurden einige der Männer bereits wieder freigelassen. Eine anonyme Quelle behauptet gegenüber BBC, dass auch mindestens ein Mitarbeiter des UN-Hilfswerks unter den Festgenommen sei.
Warum sind die Männer halb nackt?
Da die Armee davon ausgeht, dass sich nach den zahlreichen Evakuierungsaufrufen keine Zivilisten mehr im nördlichen Gazastreifen befinden, verdächtigt sie die Männer, Teil der Hamas zu sein. Ein israelischer Militärsprecher sagte zu CNN, dass die Gefangenen sich ausziehen müssen, damit die Soldaten sehen können, ob die Männer Waffen oder Sprengstoff an sich haben. Danach würden sie verhört.
Wer hat die Fotos gemacht?
Die Bilder wurden von der in Genf ansässigen Menschenrechtsorganisation Euro-Mediterranean Human Rights Monitor veröffentlicht. Wer sie gemacht hat, ist allerdings weiter unklar. Die israelische Armee, die seit dem Angriff der Hamas am 7. Oktober, laufend auf X, ehemals Twitter, über den Kampf gegen die Terroristen informiert und dort auch regelmäßig Bilder und Videos von ihren Truppen im Gazastreifen veröffentlicht, hat die Fotos nicht verbreitet. Zunächst wurden die Aufnahmen, die CNN und BBC laut ihren Berichten verifiziert haben, von israelischer Seite auch nur indirekt kommentiert.
Welche Reaktionen gibt es auf die Bilder?
Die radikal-islamische Hamas reagiert mit scharfer Kritik und spricht von "abscheulichen Verbrechen an unschuldigen Zivilisten". Der im Exil lebende Hamas-Vertreter Issat El-Reschik forderte Menschenrechtsorganisationen auf, einzugreifen und sich für die Freilassung der Männer einsetzen. In Anbetracht der grausamen Verbrechen, die die Hamas am 7. Oktober beim Überfall auf Israel an Zivilisten verübte, wirken diese Worte allerdings zynisch.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz zeigte sich besorgt und appellierte, die Männer menschlich und mit Würde zu behandeln. Der iranische Außenminister Hossein Amir-Abdollahian warf Israel auf dem Kurznachrichtendienst X, Barbarei vor.
Wie sieht man die Bilder in Israel?
Die israelische Zeitung Haaretz interpretierte die Bilder am Donnerstag eher als Erfolg der Armee: Es seien viele Terroristen festgenommen worden und der Kampf gegen die radikal-islamische Hamas, die seit 2007 im Gazastreifen herrscht, schreite voran.