G-20-Teilnehmer:Die Schwellenländer sind kraftlose Kraftwerke

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Indien, Brasilien, Südafrika und Indonesien sind mit sich selbst beschäftigt, China baut seinen Machtanspruch aus. Nun kommen sie beim G-20-Gipfel zusammen.

Kommentar von Arne Perras

Es ist noch nicht lange her, dass die Welt voller Hoffnung auf eine Reihe von Schwellenländern blickte. Diese treffen sich nun wieder, unter dem Schirm der G 20, mit den etablierten Industriestaaten, um über Handel, Terrorismus, Klima und andere drängende Probleme zu beraten.

China, Indien, Brasilien, Indonesien, Südafrika - sie alle wurden einmal als mögliche neue Kraftwerke der Weltwirtschaft betrachtet, während die alten Mächte zunehmend matt und verbraucht erschienen.

Peking lässt keinen Zweifel an Chinas globalem Machtanspruch

Die jungen Kraftprotze des Südens sollten es richten. Mit der Zuversicht mancher Analysten verbanden sich Vorstellungen, dass diese Länder auch starke globale Impulse setzen und die Weltordnung ein Stück weit erneuern könnten, um sozialer Ungerechtigkeit und globaler Armut entgegenzusteuern.

Doch in diesen Tagen deutet wenig darauf hin, dass die Schwellenländer den Willen und die Kraft aufbringen, die Globalisierung und deren Regeln maßgeblich mitzugestalten. Weder sprechen sie mit einer Stimme, um ihr Gewicht zu erhöhen, noch zeigen sie großen Ehrgeiz, über die eigenen Grenzen hinauszublicken. Dies gilt mehr oder weniger für alle Schwellenländer, die dem Kreis der G 20 angehören - mit einer wichtigen Ausnahme: China.

Pekings Pläne für eine neue Seidenstraße lassen keinen Zweifel am globalen Machtanspruch, es ist der konsequente Versuch, der Globalisierung immer stärker einen chinesischen Stempel aufzudrücken. Das fällt der Großmacht umso leichter, als Europäer und Amerikaner so sehr mit sich selbst beschäftigt sind.

G-20-Gipfel
:Die wichtigsten Teilnehmer

Unter den Staats- und Regierungschefs, die sich zum G-20-Gipfel in Hamburg treffen, spielen sechs eine besonders wichtige Rolle.

Der Ärger um Donald Trump in den USA, der Brexit und die Flüchtlingsquerelen in der EU - die alten Mächte sind mit eigenen Problemen überfordert. Dies gilt allerdings in noch stärkerem Maße für die meisten Schwellenländer, die sich nun in Hamburg versammeln.

Brasilien und Südafrika versinken in Korruptionsskandalen, Indonesien, das Land mit der größten muslimischen Bevölkerung der Welt, gewöhnt sich nur zögerlich an den Gedanken, dass es auf der Weltbühne eine Stimme haben könnte. Und Indien? Delhis Wille, sich als Regionalmacht und globaler Spieler einzubringen, ist zwar gewachsen, die Politik wird aber von dem Primat beherrscht, Arbeit für das Milliardenvolk zu schaffen.

Die Schwellenländer sind allzu sehr mit sich selbst beschäftigt

Delhi muss für alle den Sprung in die Moderne organisieren. Das Wirtschaftswachstum, das weit höher liegt als in anderen großen Ländern, macht Mut. Dennoch fällt auf, wie sehr Indien um sich selbst kreist, wenn es nicht gerade damit beschäftigt ist, den Erzgegner Pakistan in Schach zu halten oder mit China um die Grenzen im Himalaja zu streiten.

Der Wille, die Globalisierung zu gestalten, wird verdrängt von inneren Problemen, die den Schwellenländern stark zusetzen. Sie müssen erst noch die heftigen Wachstumsschmerzen vergangener Jahrzehnte verarbeiten, bevor sie Impulse zur globalen Entwicklung geben können. Der Gewinner auf globaler Bühne ist erkennbar: Peking hat viel Raum, um seinen Einfluss über die Kontinente auszuweiten.

© SZ vom 07.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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