Moscheen und islamische Einrichtungen sind immer häufiger Ziele von fremdenfeindlichen und antimuslimischen Anschlägen. Das zeigt eine Auswertung der jüngsten Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik. Die Statistik belegt nicht nur, dass die Zahl der Angriffe steigt, sondern auch, dass die Mehrheit der Anschläge in den vergangenen Monaten in den alten Bundesländern verübt wurde. Das hängt auch damit zusammen, dass in Ostdeutschland weniger Muslime leben als im Westen. Dabei dringen nur wenige Vorfälle an eine breite Öffentlichkeit, so wie der Sprengstoffanschlag auf eine Moschee in Dresden am 26. September.
Aus der jüngeren Vergangenheit stammen zwei Fälle, über die in verschiedenen Medien berichtet wurde: Im Februar dieses Jahres wurde ein Vorfall bekannt, bei dem ein Schweinekadaver auf dem Baugelände einer Moschee in Leipzig abgelegt wurde. Hier ermittelte der Staatsschutz. Der Vorfall dort hatte eine Vorgeschichte: Schon nach dem Bekanntwerden der Pläne für das islamische Gebetshaus waren 2013 auf dem Gelände blutige Schweineköpfe aufgespießt worden. Muslimen gelten Schweine als unreine Tiere.
Ebenfalls im Februar 2016 schleuderten unbekannte Täter Molotow-Cocktails in den Innenhof einer Moschee in Neunkirchen im Saarland. Bei dem Anschlag wurde niemand verletzt, die Polizei ging auch hier von fremdenfeindlichen Motiven aus. Insgesamt zählt die Bundesregierung in den ersten drei Monaten dieses Jahres sechs politisch motivierte Anschläge auf Moscheen.
14 Anschläge auf Moscheen im zweiten Quartel 2016
Doch die Zahl steigt: Aktuelle Zahlen über Anschläge gegen Moscheen liefert eine Kleine Anfrage der Linkspartei im Bundestag zu Islamfeindlichkeit und antimuslimischen Straftaten im zweiten Quartal 2016. Darin schreiben die Fragesteller, die in Teilen der Bevölkerung verankerte Islam- und Muslimfeindlichkeit äußere sich auch in Übergriffen und Anschlägen auf Moscheen in Deutschland, die von Schändungen mit Schlachtabfällen oder Fäkalien bis hin zu Brandanschlägen reichen.
Aus der Antwort der Bundesregierung auf diese Anfrage geht hervor, dass es von April bis Juni 2016 insgesamt 14 politisch motivierte Straftaten gab, die auf Moscheen zielten. Von diesen sind neun eindeutig dem rechten Spektrum zuzuordnen, drei der Taten wurden von Ausländern, zum Beispiel von PKK-Anhängern, verübt.
Im gleichen Zeitraum hat der Generalbundesanwalt kein Ermittlungsverfahren wegen mutmaßlich antimuslimischer und islamfeindlicher Straftaten eingeleitet, heißt es in der Antwort weiter.
416 politisch motivierte Angriffe auf Moscheen seit 2001
Die Tageszeitung taz und das Recherchezentrum Correctiv haben sich Daten des Bundeskriminalamtes ab dem Jahr 2001 genauer angesehen. Demnach nimmt die Gewalt gegen Muslime zu. 2010 verzeichnete das BKA 23 Angriffe gegen Moscheen, 2014 waren es 64. Und im Jahr 2015 stieg die Zahl auf 75. Betrachtet man einzelne Städte, steht Leipzig mit zehn Angriffen seit dem Jahr 2001 an erster Stelle, wie es in der taz heißt. Und das, obwohl nur ein verschwindend geringer Anteil der Muslime in Deutschland in den neuen Bundesländern lebt. Betrachtet man die Zahl der Angriffe, folgen auf Leipzig die Großstädte Köln, Berlin und Hamburg.
Der überwiegende Teil der Angriffe im Jahr 2015 geht der taz und Correctiv zufolge auf das Konto von Rechten. Daneben gab es auch einige wenige Angriffe, bei denen der türkisch-kurdische Konflikt im Hintergrund stand, also etwa Angriffe von türkischen Nationalisten oder PKK-Anhängern auf muslimische Gemeinden, die Erdoğan nahestehen.
Das Bundesinnenministerium hat der Correctiv-Recherche zufolge von Anfang 2001 bis März 2016 insgesamt 416 politisch motivierte Angriffe gegen muslimische Gebetsräume und Moscheen gezählt. Sie waren also auch schon vor der Gründung von Pegida und AfD Ziel von rechtsradikalen Straftaten. Mehr als die Hälfte davon sind Sachbeschädigungen und Nazi-Schmierereien. Es sind aber auch Brandstiftungen und Sprengstoffanschläge darunter.
Aufgeklärt werden die Angriffe gegen muslimische Einrichtungen in den seltensten Fällen. Bei den 75 Angriffen von 2015 konnte die Polizei nur in 16 Fällen Verdächtige ermitteln, schreibt die taz. Und die tatsächliche Zahl der Angriffe dürfte ohnehin höher sein: Viele Delikte würden gar nicht erst angezeigt.