Die große Koalition hat sich nach Angaben von Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) auf eine Frauenquote für Unternehmensvorstände geeinigt. "Mit unserem Gesetz muss künftig ab vier Vorstandsmitgliedern mindestens eine Frau am Tisch sitzen", erklärte die SPD-Politikerin. Es könne nun im Bundestag verabschiedet werden. "Das ist ein Meilenstein für die Frauen in Deutschland und bietet gleichzeitig eine große Chance sowohl für die Gesellschaft als auch für die Unternehmen selbst", betonte Lambrecht. Derzeit gebe es in den Vorständen immer noch häufig "reine Männerclubs, die gern unter sich bleiben".
Die 2015 eingeführte Quote für Aufsichtsräte zeige aber, dass solche Regelungen wirkten. "Sie verändern nicht nur die Zusammensetzung der Führungsgremien, sondern sie wirken sich auf die gesamte Unternehmenskultur aus", erklärte Lambrecht. "Damit geben wir qualifizierten und motivierten Frauen die Möglichkeiten, die sie verdienen." Der lange umstrittene Gesetzentwurf sieht vor, dass in Vorständen börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen mit mehr als drei Mitgliedern mindestens eine Frau sitzen muss. Für Unternehmen mit einer Mehrheitsbeteiligung des Bundes gibt es noch strengere Regeln: Hier soll generell bereits bei mehr als zwei Mitgliedern in der Geschäftsführung mindestens eine Frau sein. Außerdem müssen Firmen künftig speziell begründen, wenn sie den Vorstand, die beiden obersten Führungsebenen unterhalb des Vorstands und den Aufsichtsrat ohne Frauen planen.
Das Kabinett hatte den Entwurf bereits im Januar verabschiedet, dann konnten sich die Regierungsfraktionen im Bundestag aber über Monate nicht einigen. Nach Angaben der Union beinhaltet der Kompromiss nun eine längere Übergangsfrist für die Unternehmen: Sie haben ein Jahr Zeit für die Kandidatinnenauswahl. Außerdem wurden Ausnahmeregeln für mittelständische Krankenkassen verabredet.
"Wir wollen mehr Frauen in den Chefetagen: als hoch qualifizierte Führungspersönlichkeiten in gemischten Führungsteams und als Rollenvorbilder für die junge Generation", sagte Unionsfraktionsvize Nadine Schön. Künftig sollten weibliche Vorstandsmitglieder auch einen Anspruch auf Mutterschutz entsprechend der gesetzlichen Fristen haben. Auszeiten bis zu drei Monaten für Elternzeit oder die Pflege von Angehörigen dürften allen Vorständen dann nur noch wegen wichtiger unternehmerischer Interessen untersagt werden. Das neue Gesetz soll noch im Juni im Bundestag verabschiedet werden.
Nach Angaben der Initiative "Frauen in die Aufsichtsräte" wären 66 Konzerne von der neuen Quote betroffen. 25 von ihnen hätten derzeit noch keine Frau im Vorstand. Allein die Ankündigung der Bundesregierung, eine Quote durchsetzen zu wollen, habe aber schon einen Effekt gehabt: Seitdem hätten Adidas, Bayer, Eon, Infineon, Fielmann und Südzucker Frauen in ihre Vorstände berufen.