Frankreich:"Ordnung, Ordnung, Ordnung"

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Bilanz aus der Ferne: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in Neukaledonien. (Foto: Ludovic Marin/AFP)

Emmanuel Macron zieht eine verspätete Bilanz der Unruhen der vergangenen Wochen: Auf allen Ebenen müsse die "Autorität" wiederhergestellt werden.

Von Thomas Kirchner, Paris

Es war Mitte April, auf dem Höhepunkt der Proteste gegen die Rentenreform, als sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zuletzt ausführlich in den Medien äußerte. Er wollte die Lage beruhigen, nachdem die Reform am Parlament vorbei durchgesetzt worden war. Und er wollte einen Neuanfang seiner Regierung begründen: 100 Tage voller Ideen und Pläne. An deren Ende werde er Bilanz ziehen. Doch dann folgten der tödliche Polizeischuss von Nanterre und die sechstägigen Krawalle im ganzen Land, die Bilanz fiel aus. Nun hat Macron sie nachgeholt, am anderen Ende der Welt. Von Neukaledonien aus, der zu Frankreich gehörenden Inselgruppe im Südpazifik, ließ er sich am Montag eine halbe Stunde im Fernsehen befragen.

Seine Antwort auf die Randale in den Städten lautet: "Ordnung, Ordnung, Ordnung". Das sei die erste Lehre aus den Ereignissen. "Ohne Ordnung gibt es keine Freiheit." Auf allen Ebenen müsse die Autorität wiederhergestellt werden. "Vor allem in der Familie", aber auch bei den Lehrern, Volksvertretern und den Sicherheitskräften. Bei vielen Jugendlichen sei es nicht das Bildungswesen und noch weniger die Polizei, die das Problem lösen könnten. Vielmehr müsse man "bei manchen Familien das Verantwortungsgefühl wecken". Es müsse stärker in die Jugend investiert werden, um ihr einen "Rahmen" zu geben.

In der Regierung bleibt es bei einer kleinen Umbildung

Macron dankte den Polizisten und Feuerwehrleuten. Ihnen sei es gelungen, die Proteste sehr viel schneller niederzuschlagen als 2005, als die Vorstädte drei Wochen lang brannten und der Notstand ausgerufen werden musste. Bis zum Ende des Sommers sollen auch die Betreiber von Netzplattformen angesprochen werden, die die Krawalle nach Ansicht Macrons befördert haben. Einen besonderen Dank sprach Macron seinem Innenminister Gérald Darmanin aus, der eine "bemerkenswerte Arbeit" geleistet habe. Darmanin, der zum konservativen Flügel des Regierungslagers gerechnet wird, war als möglicher neuer Premierminister gehandelt worden. Nach offenbar schwierigen internen Diskussionen beließ es Macron vergangene Woche jedoch bei einer kleinen Umbildung. Élisabeth Borne bleibt im Amt, nur acht eher unbedeutende Minister und Staatssekretäre wurden ausgetauscht.

In der Schulpolitik versprach der Präsident "eine Serie kleiner Revolutionen". Bessere Bezahlung soll die Motivation von Lehrern erhöhen, ausgefallene Kollegen zu ersetzen, so dass keine Stunden mehr verloren gingen. Auf die Trockenheit, die den Süden des Landes auch dieses Jahr wieder heimsucht, sei man besser vorbereitet. Die Feuerwehr habe zusätzliche Löschhelikopter erhalten, unnötiger Wasserverbrauch werde reduziert, das Warnsystem verstärkt.

Das geplante Einwanderungsgesetz stellt weder Linke noch Rechte zufrieden

Im Parlament ist die Lage für Macron unverändert schwierig. Seine Regierung hat keine Mehrheit. Für das neue Justizgesetz, das vor allem mehr Geld für Sicherheitskräfte und die Justiz vorsieht, war die Opposition leicht zu gewinnen. Das geplante Einwanderungsgesetz muss hingegen immer wieder verschoben werden. Es sollte die Legalisierung mancher Migranten, aber auch die Abschiebung erleichtern und somit das ganze politische Spektrum zufriedenstellen. Im Effekt ist es aber der Linken zu restriktiv und der Rechten nicht restriktiv genug.

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Macron hält sich eine Woche im Pazifik auf. Trotz einer starken Unabhängigkeitsbewegung haben die Neukaledonier die Zugehörigkeit zu Frankreich in drei Referenden bestätigt. Wie es politisch weitergehen soll, ist aber noch offen.

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