Folter-Vorwürfe gegen MI5:"Wenn du Geld willst, geben wir dir Geld"

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Ein verurteilter Terrorist erhebt Vorwürfe gegen die britische Polizei und den Geheimdienst MI5. Als Teil eines "Deals" sollte er seine Foltervorwürfe fallenlassen.

Der 33-jährige Brite Rangzieb Ahmed sitzt in Manchester in Haft - lebenslang, so sieht es das Urteil der ersten Instanz vom Dezember vergangenen Jahres vor. Er soll ein führendes Al-Qaida-Mitglied sein, eine Terrorzelle aufgebaut und tödliche Anschläge in London geplant haben.

Der mutmaßliche Terrorist Ahmed behauptet, pakistanische Beamte hätten ihm drei Fingernägel ausgerissen. (Foto: Foto: Daily Mail (Montage:SZ))

In einem Interview aus dem Gefängnis erhebt er nun schwere Vorwürfe gegen den britischen Staat, wie mehrere Zeitungen berichten: Mitarbeiter des Geheimdienstes MI5 und der britischen Polizei hätten ihm Geld und Strafmilderung geboten, wenn er seine Vorwürfe fallenlässt, in Pakistan gefoltert worden zu sein.

Ahmed stand schon vor Jahren unter Beobachtung des MI5. Er reiste 2006 von Manchester erst nach Dubai, dann nach Pakistan - wo die lokalen Behörden ihn in Haft nahmen. Er sei dort schwer gefoltert worden - das haben seine Anwälte schon während der Verhandlung behauptet. Der Richter erkannte jedoch Widersprüche in den Schilderungen. In der kommenden Berufungsverhandlung wollten sie die Foltervorwürfe zum bestimmenden Thema ihrer Strategie vor Gericht machen.

Ihm fehlen drei Fingernägel seiner linken Hand - die Peiniger in dem pakistansichen Gefängnis hätten sie ihm ausgerissen. Sie hätten ihn auch geschlagen und ausgepeitscht, sagte er. Britische Geheimdienstoffiziere hätten ihn danach in dem pakistanischen Gefängnis aufgesucht, mit seinen Folterern gesprochen, aber nichts gegen die offensichtlichen Misshandlungen unternommen.

Nach 13 Monaten Haft in Pakistan wurde Ahmed nach Manchester gebracht und verurteilt. Im Gefängnis habe er wieder Besuch von zwei britischen Beamten bekommen. Einer habe sich als MI5-Beamter vorgestellt, der andere als Polizist. "Sie haben gesagt, sie wollen von mir Hinweise für den Kampf gegen den Extremismus und wenn ich ihnen helfe, würden sie mir Schutz bieten", zitiert der Guardian den Verurteilten.

Dann hätten die Männer ihm folgendes Angebot gemacht: "Wenn du zurückziehst, was du über das Foltern gesagt hast, können wir einen Deal machen und deine Strafe reduzieren. Oder wenn du Geld willst, dann können wir dir Geld geben."

Ahmeds Anwalt Tayab Ali sagte, jeder Versuch, Folter zu vertuschen, sei gleichzeitig ein Versuch, den Rechtsstaat auszuhöhlen. "Ich erwarte, dass die Gerichte sich das ganz genau ansehen." Die Daily Mail zitierte Freunde von Ahmed, die erklärten, das Gespräch habe in einem Befragungszimmer mit Überwachungskameras stattgefunden - daher müsse es aufgezeichnet worden sein und sei beweisbar. Die Polizei bestätigte ein Gespräch im Gefängnis in Manchester, wies jedoch die Vowürfe der versuchten Vertuschung zurück.

Die Geheimdienste wollten die Sache unter Verweis auf die nationale Sicherheit nicht kommentieren. Die Daily Mail zitierte jedoch eine anonyme Geheimdienstquelle mit den Worten: "Selbst wenn wir ihm ein Angebot gemacht hätten - was wir nicht haben - würden wir niemals so dumm sein, es so offensichtlich und ungeschickt zu machen."

Schon vor einigen Monaten gab es in Großbritannien Aufregung um eine angebliche Direktive, dass Beamte von MI5 und MI6 Gefangene befragen dürfen, die offensichtlich zuvor gefoltert wurden. Es sei ihnen sogar erlaubt gewesen, Fragen an die mutmaßlichen Folterer zu stellen - solange sie nicht Zeuge der eigentlichen Folter wurden.

Martin Scheinin, UN-Beobachter für Menschenrechte, sagte damals: "Allein die Anwesenheit von Geheimdiensten bei Befragungen an einem Ort, an denen Personen gefoltert oder unmenschlich behandelt werden, kann als implizite Duldung von Folter gewertet werden." Mehrere Briten haben seither behauptet, in pakistanischen Gefängnissen gefoltert und danach vom britischen Geheimdienst befragt worden zu sein. Die meisten davon wurden später straffrei entlassen.

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