FDP: Koalitionsverhandlungen:Sie will's nie gewesen sein

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Erst stimmte die FDP für die Rettungspakete, nun schimpft sie über die Verschuldung. Bleibt abzuwarten, wen die Liberalen künftig für Politik verantwortlich machen, an der sie selbst mitwirken.

Nico Fried

Die neue Koalition ist noch gar nicht im Amt, da gebärdet sich mancher Liberale bereits so, wie ihn Angela Merkel aus der Regierung Kohl in Erinnerung hat. Hermann Otto Solms zum Beispiel ist der Umweltministerin Merkel schon damals auf die Nerven gegangen. Jetzt hat der Finanzexperte die Kanzlerin mit dem Hinweis erfreut, dass die katastrophale Kassenlage Ergebnis der schwarz-roten Haushaltspolitik sei, ein Erbe mithin, dass er am liebsten ablehnen würde.

Fähnchen im Wind: Erst hat die FDP für die Rettungspaketen gegen die Finanzkrise gestimmt, heute schimpft sie über die Verschuldung (Foto: Foto: ddp)

Solms' Analyse ist ein unfreundlicher Akt gegen die Union, was diese überstehen wird. Leider ist die Analyse auch noch falsch. Die Haushaltslage hatte sich in der großen Koalition bis 2008 deutlich verbessert, auch wenn sie bei mehr Entschlossenheit noch besser hätte sein können.

Dass aber jetzt Rekordsummen an neuen Krediten aufgenommen werden müssen, ist nicht die Folge schwarz-roten Versagens, sondern es liegt an der Wirtschafts- und Finanzkrise. Zu deren Ursachen zählte der ungehemmte Marktliberalismus. Den vertrat in Deutschland keine Partei so überzeugt wie die FDP.

Die FDP hat das Loch mitzuverantworten

Freundlicherweise hat sie sich auch an der Krisenbekämpfung beteiligt: Im Bundestag hat die FDP dem 480-Milliarden-Rettungsschirm für die Banken zugestimmt. Im Bundesrat haben die Liberalen für das milliardenschwere Konjunkturprogramm der damaligen Bundesregierung votiert. Und die schwarz-gelben Regierungen der betroffenen Bundesländer haben sich sogar für die Opel-Rettung ausgesprochen. Die FDP hat mit dem Geld des Steuerzahlers viel Gutes getan. Sie redet nur nicht so gerne darüber.

Das Loch in der Kasse, das sie nun beklagt, hat sie also mitzuverantworten. Und schon zeichnet sich ab, dass die FDP auch kräftig mitschaufeln wird, um es noch zu vergrößern. Denn wenn es eine Erkenntnis aus den bisherigen Koalitionsverhandlungen gibt, dann die, dass Union und FDP die Legislaturperiode in zwei Hälften teilen werden: In der ersten wird man Geld verteilen bis zum Anschlag, damit niemand den Vorwurf erheben kann, es seien Wahlversprechen gebrochen worden.

Begleitet werden diese Entlastungen von Stoßgebeten, dass sich die weltweite Konjunktur beleben und auch den Deutschen helfen möge, auf dass Union und FDP dann sagen könnten: Wir haben das geschafft.

In der zweiten Hälfte der Legislaturperiode wird die Rechnung umso höher ausfallen, je weniger diese Gebete erhört werden. Dann muss gespart werden, auch weil es neuerdings im Grundgesetz steht. Höhere Steuern, höhere Beiträge, Subventionsabbau - weil das beim Wähler nicht gut ankäme, erwägt sogar die Kanzlerin schon, von 2011 an eine Ausnahmeregelung des Grundgesetzes zu nutzen, die es bei den Schulden quasi erlaubt, gleichzeitig zu bremsen und Gas zu geben.

Es spricht also manches dafür, dass Hermann Otto Solms und die FDP an einer Politik mitwirken werden, deren Erbe noch schlimmer sein könnte als das jetzige. Mal schauen, wen sie dann dafür verantwortlich machen.

© SZ vom 12.10.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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