FDP:Als einzige Partei mit Neuwahlen kokettiert

Lesezeit: 3 Min.

FDP-Chef Christian Lindner vor der Presse: Vor Neuwahlen hat seine Partei offenbar keine Angst. (Foto: REUTERS)

Harte Verhandler, die ihre Geschlossenheit betonen: Wie FDP-Vertreter während der Sondierungsgespräche in den vergangenen Wochen aufgetreten sind.

Als FDP-Chef Christian Lindner in der Nacht die Sondierungsgespräche mit Union und Grünen für abgebrochen erklärte, hat er seiner Partei zugleich ein neues Motto geliefert: "Lieber nicht regieren als falsch." Die Formulierung, mit der Lindner sinngemäß seinen nächtlichen Auftritt beendet hat, prangt seit dem frühen Montagmorgen in pinken Lettern auf gelbem Grund über den Facebook- und Twitter-Auftritten der FDP.

Das Programm, mit dem die Liberalen zur Bundestagswahl angetreten sind, trägt den Titel "Schauen wir nicht länger zu". Wie kam es dazu, dass die FDP nach ihren Gesprächen mit potenziellen Partnern für eine Jamaika-Koalition nun doch "lieber nicht regieren" möchte? Die folgende Chronik zeichnet nach, wie FDP-Vertreter den Verlauf der Sondierungsgespräche öffentlich kommentierten:

Ende Oktober - Start der Gespräche:

Welche großen Themen auf die Sondierer warteten, benannte Lindner bereits beim Start der Verhandlungen Ende Oktober. Und bei fast keinem dieser Themen gab es eine gemeinsame Position mit Union und Grünen. Die "Trendwende", von der die FDP nach der Wahl immer wieder gesprochen hatte, bleibt damit wohl aus:

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Anfang November - Harte Verhandlungen:

Vor allem Christian Lindner zeigte sich in den ersten Wochen der Gespräche immer wieder betont als harter Verhandler, der nicht mehr als unbedingt nötig von seinen Forderungen abzurücken bereit ist. So sagte er schon Anfang November der Funke Mediengruppe, er gehe notfalls auch in die Opposition und habe keine Angst vor Neuwahlen.

Die Grünen hatte Lindner immer wieder öffentlich angegriffen, etwa bei ihrem Kernthema Umweltschutz und Erneuerbare Energien. Nach einer absehbaren Einigung sah es schon damals nicht aus.

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Und so betonte auch FDP-Vize Wolfgang Kubicki gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland bereits Anfang November, dass er ein Scheitern der Jamaika-Sondierung für denkbar halte und die FDP dann seiner Meinung nach anders als andere Parteien "als geschlossene Formation dastünde".

Vorige Woche - Gespräche nehmen Fahrt auf:

Danach sah es eine Zeitlang so aus, als könnten sich die vier Parteien einigen und Koalitionsverhandlungen beginnen. Allerdings wurde dieser Ausgang Ende voriger Woche noch einmal vertagt. Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion Marco Buschmann sagte damals: "Wenn sich Union und Grüne einen kleinen Ruck geben, könnte eine Modernisierungskoalition zustande kommen. Wenn nicht, dann gibt es vielleicht Neuwahlen. Das will bei uns niemand. Aber wir haben auch keine Angst davor." Die Liberalen waren die einzige Verhandlungspartei, die wiederholt öffentlich mit Neuwahlen kokettierte.

Seine Parteikollegin und FDP-Vize Katja Suding gehörte mit Buschmann zum Verhandlungsteam der FDP. Sie gab sich in einem N24-Interview Mitte November noch vorsichtig optimistisch. "Wir sind in einigen Punkten intensiver ins Gespräch gekommen und haben unsere Kompromisslinien aufgezeigt." Ihre Forderung lautete damals, dass die Union sich jetzt bewegen müsse. Es schien, als nähmen die Verhandlungen Fahrt auf.

Freitag - Zwei Tage vor dem Abbruch:

In der Nacht zum Freitag habe es nach Berichten von CDU-Verhandlern eine Szene gegeben, in die im Rückblick viel hineininterpretiert werden dürfte: So habe CSU-Chef Horst Seehofer im Streit um den Familiennachzug Gesprächsbereitschaft gezeigt, woraufhin sich Lindner eingeschaltet und versichert habe, die FDP werde bei diesem Thema standhaft bleiben. Daraufhin sei auch Seehofer wieder hart aufgetreten. Die Frage, die sich daraus ergibt, betrifft auch den künftigen Kurs der FDP: Will sie die CSU rechts überholen?

Samstag - neue Verstimmungen:

Am Wochenende fühlte sich die FDP ihrerseits von den Grünen provoziert, nachdem Jürgen Trittin in einem Interview mit der Bild am Sonntag öffentlich Positionen in Klima- und Europapolitik bezogen hatte, die der FDP nicht gefallen dürften. Aus Sicht der Liberalen hat Trittin sich damit von außen in die Sondierungen eingemischt, sie reagierten verstimmt.

Sonntagabend - das Scheitern:

Aus dem Kreis der Verhandler heißt es, die FDP sei selbst nicht gerade als Friedensstifterin aufgetreten. Sie habe etwa darauf bestanden, den Familiennachzug für zwei weitere Jahre auszusetzen, bis ein neu zu schaffendes Einwanderungsgesetz greife. Obwohl sie weiß, dass die Grünen einer solchen Forderung unmöglich zustimmen können.

Am letzten Abend der Sondierungsgespräche tritt Christian Lindner als jemand vor die Presse, dem sichtlich die Geduld ausgegangen zu sein scheint: Er beobachte "Rückschritte" statt Fortschritte bei der Suche nach Kompromissen mit CDU, CSU und Grünen. Sie seien der Grund dafür, warum sich die FDP entschlossen habe, die Gespräche abzubrechen.

Der Satz, den Lindner bereits einen Tag vor dem Beginn der Gespräche dem Deutschlandfunk gesagt hatte, bekomt im Nachhinein betrachtet einen geradezu prophetischen Charakter:

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