Landtag:Erste Vorschläge für Landesaktionsplan gegen Antisemitismus

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Der Terrorangriff der radikalislamistischen Hamas auf Israel hat auch das Leben der Juden in Deutschland verändert. Antisemitische Vorfälle nehmen zu. Dem soll jedoch auch in Mecklenburg-Vorpommern der Boden entzogen werden.

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Schwerin (dpa/mv) - Gezielte Aufklärung und mehr persönliche Begegnungen zwischen jüdischen und nichtjüdischen Menschen sollen dem Antisemitismus in Mecklenburg-Vorpommern den Boden entziehen. Vier Wochen nach der ersten Beteiligungskonferenz zum Landesaktionsplan gegen Antisemitismus legte Kulturministerin Bettina Martin (SPD) am Mittwoch in Schwerin ein sogenanntes Impulspapier vor. Die elfseitige Zusammenstellung von Handlungsempfehlungen werde nun an Vertreter der jüdischen Gemeinden, gesellschaftlicher Organisationen und von Bildungsträgern übermittelt. Bis Anfang Februar könnten diese weitere Vorschläge und Änderungswünsche einreichen. Eine weitere Konferenz sei für Juni 2024 geplant und im Herbst kommenden Jahres solle dann der Aktionsplan gegen Antisemitismus vorgelegt werden.

„Wir sind aufgerufen, klar Stellung zu beziehen für ein friedliches Miteinander“, sagte Martin. Dies sei nach dem brutalen Terrorangriff der radikalislamistischen Hamas auf Israel wichtiger denn je. Es sei „zutiefst beschämend“, dass sich jüdische Mitbürger in Deutschland nicht mehr sicher fühlten und Angst hätten, ihre Kinder in die Schule oder Kita zu schicken.

Zwar habe es in Mecklenburg-Vorpommern keine öffentlichen Beifallsbekundungen für den Terrorakt vom 7. Oktober gegeben. Doch zeige sich auch im Nordosten eine Zunahme antisemitisch motivierter Vorfälle. Bis Ende Oktober seien von den zuständigen Behörden im Land 77 solcher Fälle registriert worden und damit schon fast so viele wie im gesamten Vorjahr. „Judenhass und Angriffe auf Juden sind ein Angriff auf uns alle und auf unsere demokratische, liberale Gesellschaft“, machte Martin deutlich.

Der Landesbeauftragte für das jüdische Leben, Nikolaus Voss, konstatierte einen zunehmenden Rückzug jüdischer Bürger aus dem gesellschaftlichen Leben. So seien die Tage der jüdischen Kultur im Oktober in Rostock zwar insgesamt gut besucht gewesen, Mitglieder der jüdischen Gemeinde seien aber seltener unter den Besuchern gewesen als in den Vorjahren. Ziel müsse es sein, die direkten Begegnungen wieder zu intensivieren und im gegenseitigen Austausch das Wissen über das jüdische Leben zu vergrößern, betonte Voss.

Dies könne an Schulen geschehen, in der Freizeit oder im Sport. Da der Bevölkerungsanteil der Juden in Mecklenburg-Vorpommern unter 0,1 Prozent liege, sollten auch bundesweite Projekte wie „Meet a Jew“ genutzt werden, bei denen junge jüdische Menschen aus anderen Bundesländern mit Schülern ins Gespräch kommen und über ihr Alltagsleben berichten. „Unwissenheit und Fremdheit sind der Nährboden, auf dem Ablehnung und Ausgrenzung wachsen. Dem müssen wir Information und Bildung entgegensetzen“, betonte Voss.

In Mecklenburg-Vorpommern gibt es nach dem Zuzug aus der ehemaligen Sowjetunion inzwischen wieder zwei jüdische Gemeinden in Schwerin und Rostock. Zusammen haben sie nach Angaben des Kulturministeriums rund 1100 Mitglieder. Im Jahr 1994 hatten im Nordosten lediglich 138 Juden gelebt.

© dpa-infocom, dpa:231129-99-119128/3

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