Extremismus in Deutschland:Verfassungsschutz warnt vor NSU-Nachahmern

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Die Terrorserie der Zwickauer Neonazigruppe NSU könnte andere Rechtextremisten inspirieren. Der Verfassungsschutz schildert bei der Vorstellung seines Jahresberichts, dass die Gewaltbereitschaft in der braunen Szene hoch sei. Das Potential zur Brutalität sei bei Linksextremen aber sogar noch größer.

Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) könnte in Deutschland Nachahmer finden. Davor warnt das Bundesamt für Verfassungsschutz bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2011 in Berlin. "Vor dem Hintergrund einer stark durch Gewaltbereitschaft und Gewaltanwendung geprägten rechtsextremistischen Szene können vergleichbare Radikalisierungsverläufe für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden", heißt es dort.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (r.) präsentierte den Bericht gemeinsam mit dem scheidenden Verfassungsschutzpräsidenten Heinz Fromm. Für Fromm ist es ein Abschied, da er zum Monatsende vorzeitig in den Ruhestand geht. (Foto: dpa)

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich wies die Forderungen nach Abschaffung des Verfassungsschutzes derweil zurück. Die Vorgänge im Zusammenhang mit den Morden der NSU hätten das Vertrauen in den Geheimdienst beschädigt, räumte der CSU-Politiker ein.

Friedrich nannte es allerdings "unverzichtbar, dass wir ein solches Frühwarnsystem haben". "Die Bedrohungen durch Terrorismus, die Bedrohungen durch Extremismus, aber auch durch Spionage nehmen eher zu als ab. Und deshalb ist es auch notwendig, dass dieser Staat, dass diese Demokratie wehrhaft ist und dass die Freiheit verteidigt wird, auch durch eine leistungsfähige Sicherheitsarchitektur."

Eine Reform der Sicherheitsbehörde müsse nun das Vertrauen in den Verfassungsschutz wiederherstellen. "Es muss jetzt darum gehen, eine Reform durchzusetzen und das Vertrauen in den Verfassungsschutz wieder herzustellen", so Friedrich weiter.

Gewaltpotential bei Linksextremen noch höher

Politisch motivierte Straftaten kommen nach Angaben des Verfassungsschutzes vor allem aus dem rechten Spektrum. 16.142 Delikte kamen im hatten im vergangenen Jahr einen rechtsextremen Hintergrund. Das waren 1,5 Prozent mehr als im Vorjahr.

Der Anstieg linksextremistisch motivierter Straftaten fällt zwar mit 20 Prozent wesentlich höher aus. Allerdings ist die Zahl mit 4502 deutlich geringer. Dennoch ist hier das Gewaltpotenzial höher. Die Polizei registrierte 1157 politisch motivierte Gewaltdelikte aus dem linksextremen Bereich, 755 aus dem rechtsextremen.

Nach dem Bericht gab es im vergangenen Jahr 22.400 Mitglieder in rechtsextremen Organisationen. Im Vorjahr waren es noch 25.000. Ursache sei, dass vor allem rechtsextremen Parteien Mitglieder davonliefen. Das Potenzial gewaltbereiter Rechtsextremer sei 2011 allerdings auf 9800 von 9500 gestiegen.

Der Innenminister präsentierte den Bericht gemeinsam mit dem scheidenden Verfassungsschutzpräsidenten Heinz Fromm. Für Fromm ist es ein Abschied, da er zum Monatsende vorzeitig in den Ruhestand geht. Er zieht damit die Konsequenzen aus den Aktenvernichtungen im Zuge der Ermittlungen zur Neonazi-Zelle NSU. Sein Nachfolger wird der Terrorismusexperte Hans-Georg Maaßen.

Die Sicherheitsbehörde steht seit Wochen in der Kritik. Ihr werden schwere Versäumnisse bei der Aufklärung der Mordserie des NSU vorgeworfen. So war bekanntgeworden, dass ein Verfassungsschützer nach Auffliegen der Terroristen im November 2011 Akten vernichten ließ.

© Süddeutsche.de/dpa/Reuters/rela/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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