Neuer Chef des Verfassungsschutzes:Technokrat als Reformator

Er soll den maroden Geheimdienst auf Trab bringen: Das Bundeskabinett hat den Terrorismusexperten Hans-Georg Maaßen an die Spitze des Verfassungsschutzes berufen. Wohlwollende beschreiben ihn als brillanten Juristen und loyalen Beamten. Kritiker fürchten eine "technokratische Unkultur". Und da ist noch seine Rolle im Fall Murat Kurnaz.

Peter Blechschmidt, Berlin

Dass die Linke einen neuen Verfassungsschutzchef nicht freudig begrüßt, versteht sich. Schließlich wird die Partei vom Verfassungsschutz beobachtet. So massiv wie jetzt der designierte Präsident des Kölner Bundesamtes, Hans-Georg Maaßen, ist aber selten ein hoher Staatsdiener von der Opposition attackiert worden. Maaßen sei "genau der Typ Bürokrat und Abwiegler, den der Verfassungsschutz jetzt nicht gebrauchen kann", ereifert sich der Justitiar der Linke-Fraktion im Bundestag, Wolfgang Neskovic. Maaßen stehe "für eine technokratische Unkultur", die für die in jüngster Zeit aufgedeckten Versäumnisse und Skandale in den Sicherheitsbehörden mitverantwortlich sei.

Hans-Georg Maaßen

Maaßen, so Kollegen, war einer der wenigen, die von dem Law-and-Order-Minister Schily halbwegs respektiert wurden - in ihrem strikten Staatsgehorsam passte kein Blatt zwischen die beiden.

(Foto: dpa)

An diesem Mittwoch wurde Maaßen vom Bundeskabinett zum neuen Verfassungsschutz-Präsidenten berufen. Er soll dann die von Innenminister Hans-Peter Friedrich versprochene Reform des Dienstes vorantreiben.

Ein Grund für das vernichtende Urteil des Linken ist ein Zeugenauftritt Maaßens im BND-Untersuchungsausschuss im Februar 2007. Maaßen, damals Referatsleiter im Bundesinnenministerium, sagte zum Fall des Deutsch-Türken Murat Kurnaz aus. Kurnaz war Ende 2001 von den Amerikanern in Afghanistan gefangen genommen und nach Guantanamo auf Kuba gebracht worden. Die deutschen Behörden hatten sich vier Jahre lang seiner Rückkehr widersetzt, bis Angela Merkel Bundeskanzlerin wurde und Kurnaz nach Bremen heimkehren durfte.

Im Untersuchungsausschuss verteidigte Maaßen die Einreisesperre damit, dass Kurnaz sein Rückkehrrecht verwirkt habe, da er länger als sechs Monate "im Ausland" gewesen sei. Dass er dabei in Guantanamo einsaß, habe keine Rolle gespielt. Beim Aufenthaltsrecht habe der Gesetzgeber "Härten" bewusst in Kauf genommen. Seit Maaßens Auftritt war von "seelenlosen Technokraten" die Rede, die unter Rot-Grün das Land regiert hätten.

Im Bundesinnenministerium fände man es ungerecht, wenn Maaßen nur anhand dieser Episode beurteilt würde. Er habe damals nur die Linie seines Ministers Otto Schily (SPD) vertreten. Allerdings dürfte Maaßen diese Linie geprägt haben. Schilys legendärer fünfeinhalbstündiger Vortrag im Visa-Untersuchungsausschuss 2005 war von Maaßen verfasst worden.

Maaßen, so Kollegen, war einer der wenigen, die von dem Law-and-Order-Minister Schily halbwegs respektiert wurden - in ihrem strikten Staatsgehorsam passte kein Blatt zwischen die beiden. "Gesetzen darf grundsätzlich nicht zuwidergehandelt werden, unabhängig davon, ob sie jedermann als 'richtiges Recht' überzeugen", schrieb Maaßen 1998 in einem Aufsatz, in dem er das Kirchenasyl verurteilte.

Brillanter Jurist, loyaler Beamter, ausgewiesener Experte - so beschreiben Wohlwollende den 50-jährigen bisherigen Chef der Unterabteilung Terrorismus-Bekämpfung im Innenministerium. Um die Aufgabe, einen maroden Geheimdienst auf Trab zu bringen, beneiden ihn selbst die Kritiker nicht.

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