Europawahl-Ergebnis in Italien:Lizenz zum Loslegen für Matteo Renzi

Matteo Renzi

Zum Feiern leider keine Zeit: Italiens sozialdemokratischer Premier Matteo Renzi

(Foto: AFP)

In vielen Ländern schneiden die EU-Kritiker bei der Europawahl stark ab - auch in Italien. Aber hier steht ihnen der glanzvolle Sieg der Sozialdemokraten von Matteo Renzi gegenüber. Zum Feiern bleibt jedoch keine Zeit. Auf den jungen Premier warten titanische Aufgaben.

Von Stefan Ulrich

"Das Derby zwischen Wut und Hoffnung hat die Hoffnung gewonnen." So kommentierte Matteo Renzi am Montag den grandiosen Sieg seiner Sozialdemokraten bei der Europawahl in Italien. Der unerwartete Triumph gibt dem 39 Jahre alten Premierminister Rückhalt für die anstehenden Reformen in seinem Land und für die im Juli beginnende italienische Ratspräsidentschaft in der EU. Nun werde nicht gefeiert, sondern reformiert, kündigte Renzi an. Die Italiener wollten Resultate sehen.

Dem Endergebnis nach hat Renzis Partito Democratico bei der Europawahl 40,8 Prozent der Stimmen erhalten. So viel schaffte im vergangenen halben Jahrhundert noch nie eine Partei bei landesweiten Wahlen. Umfragen vor der Wahl und auch noch Prognosen in der Wahlnacht waren von einem deutlich schwächeren Ergebnis für die Sozialdemokraten ausgegangen.

Bei der Europawahl 2009 war der Partito Democratico nur auf 26,1 Prozent gekommen. In der Vergangenheit scheiterten linke Reformregierungen in Italien, weil sie in dem strukturell eher konservativen Land vom Wähler keine stabilen Mehrheiten bekamen. Dies könnte sich nun ändern.

Beppe Grillo ungewohnt schweigsam

Renzi bekommt durch diesen Erfolg seiner Partei, den er persönlich nehmen darf, zusätzliche Legitimation. Er war im Februar nicht durch Wahlen, sondern durch eine Palastrevolte an die Macht gekommen, bei der sein Vorgänger und Parteifreund Enrico Letta gestürzt wurde. Nun kann er sich als vom Wähler bestätigt sehen. In Italien wurde nach dem Europawahlsieg sogleich spekuliert, ob Renzi jetzt Neuwahlen zum italienischen Parlament anstreben werde, um seine Machtbasis dort auszubauen. Renzi wies das jedoch am Montag zurück.

Zunächst ungewohnt schweigsam reagierte der Komiker Beppe Grillo, der die populistische, eurokritische Fünf-Sterne-Bewegung anführt, auf den Wahlausgang. Grillo und seine Gruppierung hatten bei der Parlamentswahl 2013 Furore gemacht, als sie 25 Prozent der Stimmen erreichten. Meinungsforscher prophezeiten nun ein noch stärkeres Ergebnis für die Gruppe, die eine Fundamentalopposition in Italien betreibt, auf eine basisorientierte Internetdemokratie setzt und Koalitionen oder Kompromisse mit anderen Parteien verweigert.

Prognosen in der Wahlnacht sahen die Fünf Sterne bei 26,5 Prozent - und damit so stark wie den französischen Front National. Am Ende kamen dann jedoch nur 21,1 Prozent für die Grillini heraus. Das ist immer noch ein starkes Ergebnis, zumal Grillo nun 17 Abgeordnete ins Europaparlament entsenden kann.

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