Europäische Kommission:In der Causa Selmayr liegen die Nerven blank

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Der neue Generalsekretär der Kommission, Martin Selmayr, wartet auf den Beginn des Treffens des Kollegiums der Europäischen Kommission. (Foto: dpa)
  • Der deutsche Haushaltskommissar Günther Oettinger hat die umstrittene Beförderung des Deutschen Martin Selmayr in der EU-Kommission verteidigt.
  • Der bisherige Kabinettschef war innerhalb weniger Minuten erst zum Vize-Generalsekretär und dann zum Generalsekretär der EU-Kommission befördert worden.
  • Aus Sicht Junckers und der Kommission ist dabei alles mit rechten Dingen zugegangen.

Von Daniel Brössler, Brüssel

Von der Wichtigkeit ihrer Aufgabe müssen die Mitglieder des Haushaltskontrollausschusses im Europäischen Parlament normalerweise nicht überzeugt werden. Kein Geringerer als der französische Präsident Emmanuel Macron hat sie aber kürzlich in einer heiklen Angelegenheit noch einmal hervorgehoben.

Der Ausschuss prüft die umstrittene Ernennung des bisherigen Kabinettschefs von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Martin Selmayr, zum Generalsekretär der Kommission. Es gehe "immer um die Professionalität des Betroffenen", sagte Macron beim EU-Gipfel Ende vergangener Woche. Die Polemik in der Debatte brächten die Umstände der Ernennung mit sich. Es sei nun wichtig, dass das Europäische Parlament die richtigen Schlussfolgerungen ziehe, wenn alle Fakten auf dem Tisch lägen.

Zu diesem Zweck hat der Haushaltskontrollausschuss am Dienstag den für Personal zuständigen Haushaltskommissar Günther Oettinger zur Befragung geladen. Zuvor hatten die Abgeordneten 134 Fragen schriftlich eingereicht, deren Antworten die Kommission am Sonntag um drei Uhr morgens, also pünktlich zum Beginn der Sommerzeit, auf 80 Seiten verschickte. Ein Sprecher der Kommission verkündete auf Twitter sozusagen amtlich, es stehe nun "schwarz auf weiß", dass die Bestellung Selmayrs zum Generalsekretär "100 Prozent regelkonform" gewesen sei.

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Die Diskussion um die umstrittene Beförderung Martin Selmayrs zum Generalsekretär der EU-Kommission spitzt sich zu. Sein Chef Juncker sagte bei einer Sitzung: "Wenn er geht, gehe ich auch."

Erzürnt antwortete die Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses, Inge Gräßle (CDU): "Warum lassen Sie nicht einfach die Auftraggeber dieser Informationen, den Haushaltskontrollausschuss, über die Regelkonformität befinden?" Sie verbitte sich "diese Form der Bevormundung".

Juncker hatte sich zu einer Rücktrittsdrohung hinreißen lassen

Tatsächlich liegen die Nerven in der Causa Selmayr blank. Erst recht, seitdem sich Kommissionspräsident Juncker zu einer Rücktrittsdrohung hatte hinreißen lassen. "Wenn er (Selmayr) gehen muss, gehe ich auch", soll Juncker bei einem Treffen von Europas Christdemokraten vor dem Gipfel in Brüssel gesagt haben, aus Ärger über mangelnden Rückhalt. Bundeskanzlerin Angela Merkel lobte Selmayr daraufhin öffentlich: "Ich schätze seine Arbeit sehr", sagte sie beim EU-Gipfel. Die Effizienz seiner Arbeit begrüße sie sehr.

Aus Sicht Junckers und der Kommission ist alles mit rechten Dingen zugegangen, wiewohl Selmayr innerhalb nur einer Sitzung zunächst zum Vize-Generalsekretär und unmittelbar danach zum Generalsekretär befördert worden war. In ihren schriftlichen Antworten legt die Kommission dar, dass Selmayrs Ernennung allen formalen Kriterien entspreche und auch sein Besoldungsstufe sich nicht geändert habe.

"Wir sind von der Ordnungsmäßigkeit und Rechtmäßigkeit des Verfahrens und des Verfahrensergebnisses überzeugt", betonte Oettinger denn auch in der Befragung. Und: "Er hat uneingeschränkt die fachliche und persönliche Qualifikation." Ob er denn selber glaube, dass bei der Ernennung Selmayrs alles optimal gelaufen sei, will einer der Abgeordneten von Oettinger wissen. Das sei, antwortet der Kommissar vorsichtig, eine "persönlich-politische" Frage. Im Nachhinein sei man immer klüger.

Der "100-Prozent-Tweet" des Sprechers sei jedenfalls ein "höchstpersönlicher" gewesen, der nicht die Meinung der Kommission wiedergebe. Nicht in Ordnung seien "diskriminierende Äußerungen" über den Beamten Selmayr. Was die rechtliche Beurteilung angehe, sei nun der Ausschuss am Zug.

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Von Daniel Brössler

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