Krieg in der Ukraine:EU: Mehr Munition, neue Sanktionen

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"Der Ukraine gehen die Geschosse aus": Der estnische Außenminister Urmas Reinsalu, hier am Montagmorgen in Brüssel, hat die Lieferung von Geschossen im Wert von vier Milliarden Euro angeregt. (Foto: Johanna Geron/Reuters)

Was die Außenminister der Gemeinschaft vor dem Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine verabreden wollen.

Von Josef Kelnberger, Brüssel

Der estnische Außenminister Urmas Reinsalu stürmte am Montag ins Brüsseler Ratsgebäude, als käme er geradewegs vom Schlachtfeld. "Der Ukraine gehen die Geschosse aus", sagte er noch im Gehen zu den wartenden Medienschaffenden. Das sollte ein zentrales Thema der Debatten mit seinen Kolleginnen und Kollegen sein: Wie kann die Europäische Union der Ukraine schleunigst Munition verschaffen?

Nur Waffen führen zum Frieden, das war ein Leitmotiv des Treffens in Brüssel, kurz vor dem ersten Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine. "Der einzige Weg, diesen Krieg zu beenden, ist eine militärische Niederlage Russlands", sagte der schwedische Außenminister Tobias Billström, dessen Regierung derzeit die Ratspräsidentschaft innehat. So klang das in vielen Wortmeldungen.

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Ein Jahr nach der berühmten Rede des Kanzlers bemängelt die Opposition eine Kluft zwischen Ankündigungen und Ergebnissen. In der Panzerdebatte widerspricht die Bundesregierung einer US-Darstellung.

Ursprünglich sollte zum Zeichen der ukrainisch-europäischen Solidarität auch der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba an dem Treffen teilnehmen. Er sagte kurzfristig ab, wohl wegen des Besuchs von US-Präsident Joe Biden in Kiew, und wird nun an diesem Dienstag in Brüssel erwartet, zu einem Gespräch mit dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Auch dabei wird es um Waffen und Munition gehen.

Russland feuert täglich 50 000 Geschosse ab

Borrell sagte am Montag, die russischen Streitkräfte würden derzeit täglich 50 000 Geschosse abfeuern. Die Ukraine, bislang weit unterlegen, müsse auf den gleichen Stand gebracht werden. Das sei jetzt kriegsentscheidend. Deshalb will die EU ein gemeinsames Beschaffungsprogramm nach dem Vorbild des Covid-Impfstoffes starten. Es geht um Geschosse des Kalibers 155 Millimeter, das in fast alle Geschütze passt, die der Westen geliefert hat.

Der estnische Minister Reinsalu, dessen Regierung das EU-Programm angeregt hatte, nannte Zahlen. In einem ersten Schritt sollen eine Million Geschosse geliefert werden, ein erheblicher Teil davon könnte vom deutschen Unternehmen Rheinmetall stammen. Die Kosten, geschätzt vier Milliarden Euro, sollen aus der "Europäischen Friedensfazilität" bestritten werden. Das ist ein Sondertopf für außenpolitische Krisen, aus dem die EU die Militärhilfe für die Ukraine finanziert. Sie wurde zuletzt auf 3,6 Milliarden Euro aufgestockt.

Symbolträchtig am Freitag, zum Jahrestag des russischen Überfalls, will die EU zudem ein zehntes Sanktionspaket gegen Russland in Kraft setzen. Das von der Kommission erarbeitete und von den Ministern am Montag beratene Paket enthält weitere Handelsverbote für Technologie, die in russischen Waffensystemen verbaut wird, im Gesamtwert von elf Milliarden Euro.

Überschattet war das Treffen in Brüssel von der Frage, ob die EU im Zusammenhang mit dem Krieg bald auch Sanktionen gegen China verhängen muss. Denn nach Angaben der US-Regierung bereitet China Waffenlieferungen an Russland vor. In der EU hat offenbar niemand entsprechende Informationen. Aber Sanktionen wären im Falle des Falles unausweichlich. Und für die ganze Welt, sagte der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis, würden dann "düstere Zeiten" anbrechen.

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