Nach dem Krieg in der Ukraine:Operation Wiederaufbau

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Ein russischer Raketenangriff zerstörte dieses Einkaufszentrum im ukrainischen Odessa. (Foto: Nina Liashonok/Ukrinform/Imago)

Die EU-Kommission will ein internationales Hilfsprogramm für die Ukraine gründen. Zahlungen sollen an Reformen geknüpft sein. Für die Finanzierung hat Brüssel brisante Ideen.

Von Björn Finke, Brüssel

Der Krieg in der Ukraine tobt weiter, doch die EU plant bereits für den Wiederaufbau. Genauer gesagt, diskutiert sie darüber, wie nach einem Friedensschluss die Beseitigung der Kriegsschäden finanziert werden kann. Dafür will die EU-Kommission einen sogenannten strategischen Wiederaufbauplan namens "Rebuild Ukraine" aufsetzen. Der achtseitige Entwurf liegt der Süddeutschen Zeitung vor. Der Plan soll Geld der Mitgliedstaaten und internationaler Partner an Projekte in der Ukraine verteilen, die Mittel sollen an strikte Auflagen, etwa zur Korruptionsbekämpfung, und Reformbemühungen der ukrainischen Regierung geknüpft sein. Solche Reformen sollen das Land näher an die EU heranführen - schließlich will die Ukraine Mitglied werden.

Die Behörde schätzt, dass der Wiederaufbau "länger als eine Dekade" dauern könnte, heißt es in dem Konzeptpapier. Hier müsse das Prinzip "build back better" gelten. Dies bedeutet, dass neue Infrastruktur und Häuser zum Beispiel klimafreundlich ausgelegt sein sollten. Wie viel Geld benötigt wird, sei noch unklar, aber die Kriegsschäden gingen bereits in die Hunderte Milliarden Euro.

Der finanzielle Beitrag der Europäischen Union soll über ein neues Programm im EU-Haushalt fließen. Das soll sich an der Wirkungsweise des Corona-Hilfstopfs der EU orientieren. Hier müssen Mitgliedstaaten Reform- und Investitionspläne bei der Kommission einreichen. Die Behörde prüft sie und gibt dann Zuschüsse und zinsgünstige Darlehen frei, wobei einzelne Tranchen daran geknüpft sind, dass gewisse Zwischenziele erreicht werden.

Die Reformen und Investitionen, die Kiew für Geld aus dem neuen Programm versprechen muss, sollen unter anderem dabei helfen, die ukrainische Wirtschaft weiter in den EU-Binnenmarkt zu integrieren, das Geschäftsumfeld zu verbessern oder "das schrittweise Angleichen" von ukrainischem Recht an EU-Standards zu erleichtern, heißt es. Viel Wert werde ebenfalls auf gute Staatsführung, Rechtsstaatlichkeit, solides Finanzmanagement und Schutz gegen Korruption und Betrug gelegt.

Kann Russland zur Kasse gebeten werden?

Geld für den Wiederaufbauplan werde auch von internationalen Partnern kommen, aber es liege im "strategischen Interesse" der EU, die Bemühungen anzuführen und "einen großen Teil" zu stemmen, erklärt die Kommission. Zuschüsse an die Ukraine könnten über zusätzliche Zahlungen der Mitgliedstaaten in den EU-Haushalt abgedeckt werden oder darüber, innerhalb des Haushalts umzuschichten. Was zinsgünstige Kredite an Kiew angeht, schlägt die Kommission vor, diese damit zu finanzieren, selbst neue Schulden aufzunehmen. Für solche EU-Schulden haften dann die Mitgliedstaaten gemeinsam.

Diese Anregung ist brisant: Zwar verschuldet sich die Kommission auch für den Corona-Hilfstopf, allerdings war dies als einmalige Reaktion auf besondere Umstände gedacht. Einige EU-Regierungen, darunter traditionell die deutsche, sehen gemeinsame europäische Schulden sehr kritisch. Die Brüsseler Behörde erwähnt zudem die Möglichkeit, beschlagnahmtes russisches Vermögen zur Finanzierung des Wiederaufbaus zu nutzen. Dies gilt jedoch als juristisch heikel. Neben diesen langfristigen Überlegungen kündigt die Kommission in dem Konzept an, Kiew noch in diesem Jahr ein weiteres Milliardendarlehen zu überweisen, für das Tagesgeschäft der klammen Regierung.

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