Erster Weltkrieg in Italien:Die traurige Geschichte des Major Fiore

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Schlachtfeld in Venetien im Jahre 1918: Ein österreichischer Spähtrupp an der Front am Piave unter italienischem Artilleriebeschuss. (Foto: Süddeutsche Zeitung Photo)

Ein kleines Gebäude in der Nähe des Flusses Piave erinnert an den großen Abwehrkampf der Italiener gegen die Truppen von Österreich-Ungarn. Die Soldaten lieferten sich eine schrecklichsten Schlachten des Ersten Weltkrieges. Mittendrin: Major Mario Fiore.

Von Michele Brambilla (La Stampa)

In Visnadello, einem kleinen Ortsteil der Gemeinde Spresiano in der Provinz Treviso, vier Kilometer vom Fluss Piave entfernt, steht ein Haus, das eine Geschichte erzählt. Es heißt, seit es 1899 erbaut wurde, Casa Rossi. Die Geschichte, für die es steht, ist so ruhmreich, dass die Italiener daraus eine Legende gemacht haben.

Die Legende des Piave: "Man hörte dann von den geliebten Ufern, leise und sacht das Jubilieren der Wellen. Dies war ein süßes und schmeichelhaftes Ahnen, der Piave murmelte: Der Fremde wird nicht herüberkommen."

Am Ende kam der Fremde nicht herüber

Ganze Generationen von uns sind mit diesen Zeilen im Kopf aufgewachsen, die wir in der Schule gelernt haben. Es geht um einen der wenigen echten Siege, die wir Italiener feiern können. Hier, auf den "geliebten Ufern", lieferten sich unsere Soldaten mit den Truppen Österreich-Ungarns eine der schrecklichsten Schlachten des Großen Krieges. Am Ende kam der Fremde nicht herüber.

Die Familie Rossi lebt immer noch hier. Frau Rossi, die mich empfängt, heißt Norina. Sie hat mit ihrem Mann Giacomo, Gimo genannt, zwei Kinder, Paola und Piero. Ein anderer Piero, der Vater von Giacomo, war im Herbst 1917 ein Mann von 31 Jahren.

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Damals, nach der Niederlage von Caporetto, hatte das italienische Heer das Haus beschlagnahmt, um darin einen Kommando-Vorposten für seinen Widerstand an der Piave-Linie einzurichten. "Die Frauen wurden nach Cento, in der Gegend von Ferrara, gebracht", erzählt Norina Rossi. "Mein künftiger Schwiegervater Piero wurde eingezogen und nach Saronno in der Lombardei geschickt. Sein Vater blieb im Haus, um die Soldaten zu beherbergen."

Diese Soldaten gehörten dem 79. Bataillon Zappatori del Genio an. Es stand unter dem Kommando des Majors Mario Fiore, eines 1886 geborenen Neapolitaners, der die Militärakademie in Turin besucht hatte. An einer Mauer des Hauses erinnert noch ein Gedenkstein an den Aufenthalt.

Das Hauptgebäude der Casa Rossi steht heute im Wesentlichen noch so da wie in den Jahren des Großen Krieges. Nur dass sich damals hier offenes Land erstreckte. Es gab eine Schmiede für landwirtschaftliche Geräte und eine Mühle, die von dem Kanal Piavesella angetrieben wurde, einer Ableitung des Piave.

Im Aufenthaltsraum neben dem Sofa steht noch eine kupferbeschlagene Truhe, in der die Gewehre aufbewahrt wurden. "Mein Vater, Luigi Secondo Bettiol, entstammt dem Jahrgang 1899", erzählt die Signora Norina. "Er wurde mit 17 Jahren eingezogen und kämpfte bei der Piave-Schlacht in Pederobba mit." Norina hat die Familiengeschichte aufgeschrieben. Und sie besitzt ein Tagebuch, das Major Fiore in diesem Haus führte. Es ist ein besonderes Erinnerungsstück.

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Fiore kam im Februar 1918 in die Casa Rossi. "Ich bin seit gestern Morgen hier", schrieb er am Sonntag, dem 24. Februar. "Wir arbeiten daran, einen Damm am rechten Ufer des Piave instand zu setzen."

Er trifft am Montello-Hügel die englischen Verbündeten. Sein erster Eindruck ist kritisch. "Wir haben nichts von den Engländern zu lernen. Ein Major, der Kommandant einer englischen Batterie, hat zu uns gesagt: ,Wir fühlen uns in Italien wie im Urlaub.'"

Von den Franzosen bekommt er dagegen einen guten Eindruck. "Wir können viel von ihnen lernen, vor allem beim Einsatz der Luftwaffe und der Artillerie. (. . .) Wir dagegen setzen unsere Infanterie ohne großen Schutz durch die Artillerie ein. Als wir über unsere Soldaten sprechen, meint der französische Major: ,Eure Männer leiden, und sie sind sehr leidensfähig.'"

Ein Maschinengewehr feuert auf den Major und trifft

Am 28. Februar beschreibt Fiore ein österreichisches Bombardement auf Spresiano. "Sie haben mir einen Soldaten erschossen und acht verletzt." Am 27. März äußert er sich kritisch über die Vorgesetzten: "Sie bezeichnen uns nur dann als unentbehrlich, wenn es ihnen passt. Ansonsten verjagen sie uns mit Tritten in den Hintern."

Der letzte Eintrag stammt vom 13. Juni: "Ruhe und Stille: nur einige wenige Artillerieschüsse auf Spresiano. Nähert sich die österreichische Offensive oder entfernt sie sich?" Sie nähert sich.

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Beim Versuch, sie zurückzuschlagen, fällt der Major Fiore am 17. Juni 1918 in San Mauro di Bavaria. Er wird von Maschinengewehrschüssen in die Brust getroffen.

In einem Brief an seine Schwester Gemma hat er die Soldaten, die für ihr Vaterland kämpfen, so beschrieben: "Auch sie gehen dem Tod entgegen. Doch wie sehr unterscheidet sich ihr Tod von dem Ende, das einen Menschen nach einem langen Leben in seinem Haus ereilt! Ihr Leben wurde abgebrochen. Aber etwas von ihnen überdauert die Jahrhunderte: Der Tod kann das Werk, das sie verrichtet haben, nicht vernichten. Es übergibt ihre Namen der Unsterblichkeit."

Michele Brambilla schreibt für die italienische Zeitung La Stampa.

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© SZ vom 23.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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