Ein überstolzer Kaiser, jubelnde Krieger, der Glaube an einen schnellen Sieg: Fotos aus dem Jahr 1914, als das alte Europa zerbrach und die Welt brannte. Schon bevor vor 100 Jahren der Erste Weltkrieg ausbrach, brachten mehrere Krisen die europäischen Großmächte an den Rand eines militärischen Konfliktes. Ein besonderer Konfliktherd war der Balkan, auf dem Österreich-Ungarn und das vom zaristischen Russland protegierte Serbien ihre Einflusssphären ausdehnen wollten. Der zum Wankelmut und Großmäuligkeit neigende deutsche Kaiser Wilhelm II. (hier mehr dazu) hatte, nach anfänglichem Zögern, dem österreichischen Bundesgenossen freie Hand signalisiert: Die Zusicherung, mit Wien in den Krieg gegen Serbien zu ziehen. Im Bild: Der Kaiser während des Krieges (nachcolorierte Aufnahme)
Damit war die Lunte für einen großen Krieg gelegt: Denn Serbiens Schutzmacht war Russland, das wiederum mit Frankreich und Großbritannien durch ein Militärbündnis verbunden war. Neben Kriegstreibern gab es auch Bremser. Der österreichische Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand war gewiss kein Demokrat, tendierte allerdings zu einer Reform des Vielvölkerreiches Österreich-Ungarn, statt zu einer kriegerischen Auseinandersetzung. Doch am 28. Juni 1914 wurden Franz Ferdinand und seine Gemahlin Sophie in Sarajevo (Bosnien-Herzegowina) von einem nationalistischen Serben erschossen - Auslöser für einen Mechanismus, der wenige Wochen später im Krieg mündete. Im Bild: der Erzherzog mit seiner Frau unmittelbar vor dem Attentat.
Mehrere Versuche, den Krieg diplomatisch noch abzuwenden, scheiterten. Der schwache wie überstolze Kaiser stellte Österreich einen "Blankoscheck" aus - und begab sich dann auf seine jährliche Nordlandfahrt. Die kriegslüsternen Strippenzieher in Politik und Militär (die nicht nur in Berlin und Wien saßen), hatten ihr Ziel erreicht. Im Bild: Die Würzburger Tageszeitung General Anzeiger vom 3. August 1914
Ein schrecklicher Mechanismus von Ultimaten, Mobilmachungen, Gegenultimaten und gegenseitigen Kriegserklärungen war in Gang gekommen. Ab 8. August 1914 befanden sich alle europäischen Großmächte im Krieg. Im Bild: Französische Generalmobilmachung vom 2. August 1914.
In manchen Städten der kriegsführenden Länder entlud sich die Anspannung in einem Freudentaumel. Es existieren entsprechende Fotos aus Frankreich, aus Großbritannien und aus Deutschland. Im Bild: Ein Junge bringt am 1. August 1914 das Gewehr seines Vaters zum Bahnhof.
Mit Hurra ging es ins große Gemetzel. In Frankreich sann man auf Rache für die Niederlage von 1870/71 und den Verlust Elsass-Lothringens. In Österreich glaubte das Militär fest an die eigene Überlegenheit gegenüber den slawischen Gegnern - und verlor auch in Folge der Überheblichkeit im ersten Kriegsjahr in Galizien immens an militärischer Schlagkraft (hier mehr dazu). Im Bild: Jubel um deutsche Soldaten in einer Garnisonsstadt.
In Deutschland frohlockten viele über den Krieg gegen den "Erzfeind" Frankreich. An einen schnellen Sieg glaubte nicht nur der Kaiser. Viele waren so überzeugt von der Überlegenheit des deutschen Militärs, dass sie sich im Geiste nach einem kurzen Krieg schon über die Boulevards von Paris stolzieren sahen. Im Bild: Ein 70-jähriger Freiwilliger steht im August 1914 in Leipzig neben einem geschmückten Zug mit der Aufschrift 'nach Paris!', der Truppen an die Westfront bringen soll.
Den schnellen deutschen Sieg sollte der so genannte "Schlieffen-Plan" bringen, der eine Umgehung der französischen Bollwerke an der gemeinsamen Grenze vorsah (hier mehr dazu). Allerdings hatte der Plan einen Haken: Er sah den Marsch durch das neutrale Belgien vor. Nachdem es Brüssel abgelehnt hatte, das deutsche Heer passieren zu lassen, reagierte Berlin mit Gewalt: Es ließ die deutschen Soldaten in Belgien einmarschieren. Im Bild: Erste deutsche Truppen überschreiten im Sommer 1914 die Grenze nach Frankreich
Die deutschen Truppen gelangten im Spätsommer bis 60 Kilometer vor Paris, die französische Regierung floh nach Bordeaux. Doch es gelang kein Durchbruch - die Deutschen mussten zurückweichen, der Durchbruch zu wichtigen Kanalhäfen gelang nicht, die Front erstarrte. Der Schlieffen-Plan war gescheitert. Im Bild: Pferdekadaver in einer Straße in Lille nach einem Kampf.
Im Osten konnte die russische Armee in Ostpreußen eindringen. Erst die siegreichen Schlachten bei Tannenberg und den Masurischen Seen verschaffte den Deutschen Luft - und legte den Grundstein für den Kult um den alternden General Paul von Hindenburg. Im Westen bewegte sich die Front kaum. Die Soldaten auf beiden Seiten gruben sich ein und bauten Gräben, Bunker und Bollwerke aus. Der Stellungskrieg im Westen sollte vier Jahre dauern und einen bis dahin nie dagewesenen Blutzoll fordern. Denn die Feldherren ließen ungerührt ihre Soldaten immer wieder gegen die kaum einzunehmenden Befestigungen auf beiden Seiten anrennen - und verbluten. Im Bild: Französische Soldaten klettern während der Schlacht um die ostfranzösische Stadt Verdun zu einem Angriff aus ihren Schützengräben
Die kriegsführenden Staaten mussten ihre Vorstellung vom Krieg nach 1914 revidieren. Das Bild vom Helden, der Mann gegen Mann kämpft, war nicht mehr zeitgemäß. Soldaten bedienten nun Flugzeuge, Maschinengewehre, mächtige Artillerie, sie töteten und starben durch den Einsatz von Giftgas und ersten Panzern. Im Bild eine positive Erfindung: 1914 brachte die Daimler-Motoren-Gesellschaft den Typ 12/32 PS auf den Markt. Das Gefährt kam während des ganzen Krieges als Feld-Sanitätswagen zum Einsatz.
Der Erste Weltkrieg verheerte Europa, stürzte Monarchien, veränderte Kräfteverhältnisse und Landkarten. Vor allem aber starben Menschen. Das Deutsche Historische Museum gibt die Gesamtzahl der Todesopfer mit neun Millionen Soldaten an. Auch unzählige Zivilisten starben im Krieg und durch seine Begleiterscheinungen wie Hunger und Krankheit. In Deutschland wurden die Voraussetzungen für die Nazi-Diktatur und den Zweiten Weltkrieg geschaffen. Neben den harten Bedingungen der Sieger im Frieden von Versailles (hier mehr dazu), überstand in Deutschland der Militarismus die Zeitenwende. Die Schuld an der Niederlage schoben der Kriegsheld Hindenburg und andere Militärs den Demokraten in die Schuhe (hier mehr zur "Dolchstoßlegende"), die neue Republik hatte viele Feinde von Rechts, aber auch von Links. Im Bild: Hindenburg (li.) und General Erich Ludendorff , der 1923 mit Adolf Hitler vergeblich putschte.
Viele der Millionen von Weltkriegsveteranen heizten das Klima zusätzlich auf. Einer von ihnen war der Österreicher Adolf Hitler. Er war 1914, unmittelbar nach der Mobilmachung, in das bayerische Heer eingetreten. Nach dem Krieg begann sein Aufstieg in dem Milieu der durch den Krieg Enttäuschten. 1933 wurde Hitler zum Reichskanzler ernannt - von Hindenburg, der inzwischen Reichspräsident war (hier mehr dazu). Auf der Themenseite zum Ersten Weltkrieg finden sie weitere Artikel, Bildstrecken und Interviews. Im Bild: Gefreiter Adolf Hitler (rechts, sitzend) im Ersten Weltkrieg mit Kameraden vom 16. Bayerischen Reserve-Regiment.