Entscheidung in Karlsruhe:Psychisch kranke Straftäter dürfen privat betreut werden

Dürfen Zwangsmaßnahmen gegen psychisch kranke oder drogenabhängige Straftäter im Maßregelvollzug auch von Angestellten privater Träger übernommen werden? Unter bestimmten Voraussetzungen ja, hat jetzt das Bundesverfassungsgericht entschieden. Die Richter wiesen damit die Verfassungsbeschwerde eines psychisch kranken Straftäters aus Hessen ab.

Das Bundesverfassungsgericht hat die umstrittene Privatisierung des Maßregelvollzugs für psychisch kranke oder drogenabhängige Straftäter für zulässig erklärt.

Zwar dürften nach dem Grundgesetz hoheitliche Aufgaben in der Regel nur von Beamten wahrgenommen werden, so die Richter in dem am Mittwoch verkündeten Urteil. Die im konkreten Fall zu prüfende Privatisierung von Vollzugseinrichtungen in Hessen erfülle jedoch die Voraussetzungen für eine Ausnahme von diesem Grundsatz.

Die Richter wiesen damit die Verfassungsbeschwerde eines psychisch kranken Straftäters aus Hessen ab. Er hatte sich dagegen gewehrt, im Jahr 2008 nach einem heftigen Wutanfall ohne Anweisung des Klinikleiters oder eines Richters zwangsweise in eine Beruhigungszelle gebracht worden zu sein. (Aktenzeichen: 2 BvR 133/10)

Im Maßregelvollzug werden Straftäter untergebracht, die wegen einer psychischen Erkrankung oder Drogenabhängigkeit als schuldunfähig oder vermindert schuldfähig angesehen werden. Die Privatisierung der entsprechenden Einrichtungen gilt als problematisch, weil die mit dem Vollzug verbundenen Grundrechtseingriffe eigentlich nicht von Privatangestellten vorgenommen werden dürfen.

Der Beschwerdeführer sitzt in einer Klinik in Gießen ein. Nachdem Hessen den Maßregelvollzug 2007 privatisiert hatte, wird die Klinik von einer gemeinnützigen GmbH betrieben, die vollständig in der Hand des Landeswohlfahrtsverbandes liegt. Die entsprechende Klage vor den Fachgerichten blieb erfolglos. Das hessische Modell fand nun auch die Billigung der Verfassungsrichter.

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