Energiepolitik:FDP will zurück zur Atomkraft

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Bis April 2023 waren in Deutschland noch drei Atomkraftwerke am Netz, darunter auch Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg. (Foto: Christoph Schmidt/dpa)

Die Liberalen wollen den Rückbau der noch funktionierenden Kernkraftwerke stoppen und schüren damit neue Konflikte in der Koalition. Grünen-Chefin Ricarda Lang sagt, der Vorschlag sei nicht praktikabel.

Von Markus Balser, Michael Bauchmüller, Paul-Anton Krüger und Mike Szymanski, Berlin

Der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Bundestag, Christian Dürr, stellt den Atomausstieg infrage. Er sagte der Süddeutschen Zeitung, die Fraktion werde bei ihrer Klausurtagung in Dresden darüber beraten, dass "der Rückbau der noch funktionierenden Kernkraftwerke gestoppt werden sollte". In der Beschlussvorlage für die Tagung der 92 FDP-Abgeordneten heißt es dazu, Deutschland brauche grundlastfähige Kraftwerke. "Nur so bleiben wir in jeder Situation handlungsfähig." Zudem wollen sich die Liberalen einsetzen für "den Einstieg in moderne, besonders abfall- und risikoarme Kernspaltungstechnologien".

Dürr sagte, statt eine Debatte über einen subventionierten Strompreis für die Industrie zu führen, müsse man darüber reden, wie das Angebot ausgeweitet werden könne. Die FDP hatte sich vergangenes Jahr für eine Laufzeitverlängerung eingesetzt, um sowohl die Stabilität der Stromnetze als auch der Preise zu garantieren. Den Koalitionspartnern hielt er entgegen, mit der Abschaltung der letzten drei Kernkraftwerke verzichte Deutschland auf die Produktion von 30 Terawattstunden Strom pro Jahr. Das mache sich im Stromnetz bemerkbar. Er hätte sich gewünscht, dass "die Kernkraftwerke in dieser angespannten Situation am Netz bleiben können".

In der Ampelkoalition löste der Vorstoß neuen Ärger aus, nur einen Tag nach der Kabinettsklausur in Meseberg, bei der Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf Geschlossenheit gedrungen und die Partner aufgefordert hatte, kontroverse Debatten weniger in der Öffentlichkeit auszutragen. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich sagte der SZ: "Jede Fraktion kann sich zu allen Themen ihre eigenen Gedanken machen, aber in der Koalition ist für diese Frage die Beschlusslage klar." Gut wäre, wenn sich jetzt "alle auf die Arbeit in der Koalition konzentrieren und sich daran beteiligen, unsere gemeinsamen Kräfte für die Zukunft unseres Landes zu bündeln", mahnte er.

Die Deutschen Industrie- und Handelskammer unterstützt die Forderung nach einer Entlastung bei der Stromsteuer

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) kritisierte den Vorstoß der Liberalen. Es sei die "eigene Verantwortung und Entscheidung der FDP, ob sie einen so rückwärtsgewandten Antrag in den Deutschen Bundestag einbringen möchte", sagte sie am Donnerstag am Rande einer mehrtägigen Sommerreise. Grünen-Chefin Ricarda Lang sagte, der Vorschlag sei nicht praktikabel. "Der Kanzler hat sich da ja klar festgelegt. Wir gehen jetzt Schritt für Schritt den Weg der erneuerbaren Energien, und das ist auch gut so."

Die Grünen und die SPD-Bundestagsfraktion fordern einen subventionierten Industriestrompreis, um energieintensiven Unternehmen zu helfen, die im internationalen Wettbewerb stehen. Das lehnen wiederum die Freien Demokraten ab. Sie schlagen stattdessen vor, die Stromsteuer auf das von der EU vorgeschriebene Mindestmaß zu senken. Davon würden auch Mittelständler profitieren, nicht nur wenige Großunternehmen. Die Kosten dafür würden sich je nach Höhe der Steuersenkung auf bis zu etwa 6,5 Milliarden Euro belaufen. Der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Peter Adrian, unterstützte die Forderung der FDP nach einer Entlastung bei der Stromsteuer.

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