Energie:Anwohner und Gemeinden sollen von Windenergie profitieren

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Windkraftanlagen hinter Feldern. (Foto: Roland Weihrauch/dpa/Symbolbild)

Zum Umstieg auf erneuerbare Energien sind viel mehr Windräder nötig. Vor Ort scheitern solche Projekte aber oft am Widerstand der Anwohner. Die sollen nun in NRW mit Geld gelockt werden.

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Düsseldorf (dpa/lnw) - Wer in Nordrhein-Westfalen eine neue Windenergie-Anlage baut oder eine Anlage vollständig erneuert („Repowering“), muss Anwohner und umliegende Gemeinden künftig am Profit beteiligen. Das sieht ein Bürgerenergiegesetz vor, das der Landtag am Freitag mit den Stimmen der Regierungsfraktionen von CDU und Grünen verabschiedet hat.

Alle Oppositionsfraktionen - SPD, FDP und AfD - stimmten dagegen. Der Fraktionschef der FDP, Henning Höne, hatte zuvor erfolglos versucht, die Verabschiedung des Gesetzes am letzten Plenartag dieses Jahres noch per Eilantrag vor dem Landesverfassungsgericht zu verhindern. Aus seiner Sicht hatten die Regierungsfraktionen ihren zwölfseitigen Änderungsantrag zu kurzfristig eingebracht, um das Gesetzesvorhaben noch ordnungsgemäß beraten zu können.

Das Gericht folgte seinem Antrag jedoch nicht, so dass das Gesetz - zwar zwei Tage später als ursprünglich geplant - nun doch in dritter Lesung den Landtag passierte. In der Sache hätten sich „keine Änderungen ergeben“, sagte Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) zu den vorgenommenen „Klarstellungen“.

Das Gesetz tritt am 1. Januar 2024 in Kraft und gilt nicht für Windenenergie-Anlagen, die überwiegend der Eigenversorgung eines oder mehrerer Betriebe oder aber der Entwicklung technischer Neuerungen dienen.

Neben der frühzeitigen Information sei die direkte und indirekte finanzielle Beteiligung der Anwohner und der Gemeinden an der Wertschöpfung maßgeblich für die Akzeptanz beim Ausbau der Windenergie, begründeten die Regierungsfraktionen ihre Novelle. Da eine bundesweite Regelung nicht zu erwarten sei, bestehe Handlungsbedarf für den Landesgesetzgeber.

Das neue Gesetz etabliert in NRW eine Pflicht für die Projektträger, Anwohner und Gemeinden im näheren Umkreis von Windenergievorhaben direkt oder indirekt an den Einnahmen zu beteiligen. Die Regierungsfraktionen haben dazu in ihrem umstrittenen Änderungsantrag einen breiten Fächer von Optionen definiert: Das reicht von einer Beteiligung an der Projektgesellschaft oder sogar dem Kauf eines Windrads über vergünstigte lokale Stromtarife oder pauschale Zahlungen an einen definierten Kreis von Anwohnern bis hin zur Finanzierung gemeinnütziger Stiftungen oder Vereine.

Kommt der Träger seinen Verpflichtungen nicht oder nicht ausreichend nach, hat er eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 0,8 Cent pro Kilowattstunde an die beteiligungsberechtigten Gemeinden zu zahlen, sofern diese einen entsprechenden Antrag stellen.

Der FDP-Abgeordnete Dietmar Brockes geht davon aus, dass dieses „bürokratische Gesetz“ den Ausbau der erneuerbaren Energien sogar behindern werde. Der SPD-Abgeordnete André Stinka sprach von beliebigen Optionen, die die Breite der Bevölkerung nicht erreichten.

Der AfD-Abgeordnete Christian Loose warf den Regierungsfraktionen vor, „mit ein bisschen Klimpergeld“ wollten sie den Bürgern „Windradwüsten“ schmackhaft machen. Angesichts massiver Wertverluste für ihre Häuser wehrten sich aber immer mehr Anwohner gegen die „energiepolitische Geisterfahrt“.

Der Grünen-Abgeordnete Michael Röls-Leitmann beschwor dagegen einen Wandel von der alten Energiewelt der wenigen großen Konzerne zur neuen Energiewelt mit vielen Akteuren, die profitierten. Bei dem Kanon der Optionen hätten CDU und Grüne „Lösungsvielfalt und Verbindlichkeit verbunden“. Zur Klage der Freidemokraten sagte der Grüne Mehrdad Mostofizadeh: „Die FDP möchte kein Bürgerenergiegesetz in keiner Fassung.“

Der CDU-Abgeordnete Christian Untrieser pries die Novelle gar mit den Worten: „Wir legen den Bürgerinnen und Bürgern ein schönes Weihnachtsgeschenk unter den Baum.“ Da könne man nur schreiend raus laufen, erwiderte SPD-Politiker Stinka. Tatsächlich sei hier „ein schlechtes Gesetz in großer Eile durchgedrückt worden“.

© dpa-infocom, dpa:231215-99-310574/4

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