Koalition:Ampel will EEG-Umlage früher streichen

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Christian Lindner (l., FDP), Bundesminister der Finanzen, und Robert Habeck (Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, unterhalten sich im Deutschen Bundestag während einer Plenarsitzung im Februar. (Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa)

Die Minister Habeck und Lindner wollen die Verbraucher stärker entlasten - und das Kanzleramt unterstützt sie nun dabei. Die Sorge: Die hohen Energiekosten könnten die Zustimmung zur Klimawende gefährden.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Die finanzielle Not, in die Verbraucher zunehmend wegen explodierender Energiepreise geraten, zwingt die Ampelkoalition zu einem Kurswechsel. "Wenn die Koalition sich darauf verständigt, dann würde ich es finanziell möglich machen, dass die EEG-Umlage zur Jahresmitte entfällt", sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) am Sonntag dem Spiegel. Er sprach von einer "Milliardenentlastung für Familien, die Rentnerin, den Empfänger von Bafög oder Grundsicherung und Mittelstand und Handwerk".

Lindners Ankündigung ist das Signal, dass sich SPD, Grüne und FDP von ihrer im Koalitionsvertrag getroffenen Vereinbarung verabschiedet haben, die Umlage auf den Strompreis von 2023 an für Verbraucher zu streichen. Die Umlage soll jetzt deutlich früher fallen. Wann genau, darüber wird noch gestritten.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) drängt die Koalitionäre offenbar zur Eile. Die von Lindner genannte Jahresmitte sei "der späteste mögliche Termin", den man versuche zu erreichen, verlautete am Sonntag aus Ministeriumskreisen. Ein Sprecher von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte der Süddeutschen Zeitung, man arbeite "mit Hochdruck an der Abschaffung". Die Sorge ist offenbar groß, dass die hohen Kosten für Sprit, Strom und Heizung die Zustimmung in der Bevölkerung zur Klimawende gefährden könnten.

Der Streit dreht sich ums Geld. Nach Informationen der SZ kostet eine um sechs Monate vorgezogene Streichung der Umlage den Staatshaushalt rund zehn Milliarden Euro. Bisher wird die EEG-Umlage größtenteils von Privathaushalten und Klein-Unternehmern gezahlt; Industrie, Handwerker, Mittelständlerinnen und Familienbetriebe wie Gärtnereien oder Bäckereiketten mit größerem Stromverbrauch sind befreit. Künftig soll die Umlage auf mehr Schultern verteilt und aus der Staatskasse bezahlt werden. Das könnte den Durchschnittshaushalt um 300 Euro jährlich entlasten.

Auch bei der Förderung von klimafreundlichen Gebäuden ist die Ampel zu Korrekturen gezwungen. Wegen des großen Ärgers über den Stopp des Förderprogramms für Häuslebauer drängt Wirtschaftsminister Habeck auf eine schnelle Anschlusslösung. Er kündigte eine Härtefallklausel für betroffene private Bauherren an, die helfen solle, "dass gerade Familien, die Ein- und Zweifamilienhäuser bauen wollen, nicht im Regen stehen. Entsprechende Bauprojekte, die nicht anderweitig finanziert werden können und sonst vor dem Aus stehen, sollen möglich gemacht werden". Die Klausel könnte bei rund 4000 Familien und Privatpersonen greifen.

Zugleich streiten die Ampelpartner über künftige Förderkonditionen. Habeck und Lindner drängen darauf, so viel Klimaschutz pro gefördertem Euro zu erreichen wie möglich. Das SPD-geführte Bauministerium warnt, zu strenge Standards könnten den versprochenen Neubau von 400 000 Wohnungen pro Jahr gefährden. Man sei in intensivem Austausch, verlautete am Sonntag aus Regierungskreisen. Damit Projekte nicht verzögert würden, müssten klare Effizienzkriterien schnell vereinbart werden.

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