Vereinigte Staaten:US-Außenpolitik wird wieder verlässlicher - trotz Trump

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Diese Woche kommt der US-Vizepräsident nach Europa. Die Zeichen mehren sich, dass der Kurs der Amerikaner wieder berechenbarer wird. Das hat Gründe.

Kommentar von Stefan Kornelius

Eine halbwegs verlässliche amerikanische Außenpolitik funktioniert nach einer Formel: Präsident x (Apparat+Erfahrung) + Einfluss der Verbündeten ÷ Interessen = Außenpolitik. Beim amtierenden Präsidenten funktionierte die Rechnung bislang freilich auf Erstklässlerniveau: Präsident + Twitter x Stephen Bannon = Außenpolitik. Damit könnte es nun vielleicht vorbei sein. Es mehren sich die Zeichen, dass Donald Trump in Fragen der Bindung seines Landes an die Welt wieder verlässliche Kriterien zulässt.

In dieser Woche kommen der Verteidigungsminister, der Vizepräsident und der Nationale Sicherheitsberater nach Europa. Schon jetzt scheinen die schlimmsten Irritationen über die Nato abgeräumt zu sein, Europa muss die Beistandslogik nicht neu erfinden und auch keine eigenen Atomwaffen entwickeln. Selbst im Nahen Osten scheint Trump mehr und mehr die Risiken allzu abrupter Wenden zu verstehen. Israels Premier Netanjahu, der am Mittwoch im Weißen Haus sein wird, kann selbst kein Interesse an einer Eskalation haben, die ein Umzug der US-Botschaft nach Jerusalem, ein rein symbolischer Akt, auslösen würde. Die Sache wird wohl still beerdigt.

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Trump hat vielleicht verstanden, dass er ein paar Regeln befolgen muss

Die größten Volten vollzieht Trump derzeit in Ostasien. Im Wahlkampf voller Verachtung für Japan, ließ er Premierminister Shinzo Abe nun eine Behandlung zuteilwerden, die sich befreundete Staatsmenschen für die letzten Jahre aufheben. Die Ein-China-Politik ist wieder in Kraft, das Telefonat mit dem taiwanischen Präsidenten vergessen, und Kim Jong-un schießt Raketen aus Nordkorea. Vielleicht hat Trump in einer ruhigen Minute verstanden, dass er in dieser komplexen Welt ein paar Regeln befolgen muss, wenn er die Sache im Lot halten will. Amerikas geopolitische Widersacher, China und Russland, haben bei all ihrer Bereitschaft zur Provokation durchaus die Füße stillgehalten in den letzten Wochen. Mit irrationalen Akteuren können auch sie nicht umgehen.

Für die Versachlichung gibt es zwei Gründe: Erstens sind inzwischen immer mehr Berater und Minister im Amt, die den Präsidenten umstellen. Der Apparat wirkt also doch. Und zweitens wird Trump nach zwei Wochen von immensen Popularitätsproblemen geplagt. Auch in Ohio spricht sich herum, dass dieser Mann Amerika keine Peinlichkeit erspart und das Gespött der Welt ist. Lächerlichkeit macht schwach, das weiß jeder Satiriker. Und das sehen Trumps Wähler, seine einzige Machtbasis, wenn sie den Fernseher einschalten.

Vom Vizepräsidenten Mike Pence heißt es, er werde nun als der Erwachsene im Weißen Haus für Verlässlichkeit sorgen. Das ist schön zu hören, auch wenn es mit den üblichen Hahnenkämpfen in der Regierung einhergehen wird. Allerdings gehören zur Trump'schen Weltformel zwei große Unbekannte, die auch der machtbewusste Apparat nicht in den Griff bekommen kann: Ereignisse und das Twitter-Konto des Präsidenten. Will heißen: Trump wird herausgefordert werden, wie jeder Präsident vor ihm. Ob bis dahin auch jemand seine Impulsivität kontrolliert?

© SZ vom 13.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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