Die FDP und Erika Steinbach:Das Umfaller-Gen ist noch intakt

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Causa Erika Steinbach und kein Ende: Wenn Guido Westerwelle auf die Vorschläge der Vertriebenen eingeht, wird er auch noch seine Glaubwürdigkeit als Anwalt deutsch-polnischer Beziehungen verlieren.

Thorsten Denkler, Berlin

Konstruktiv prüfen. So hatte sich FDP-Parteichef, Außenminister und Vizekanzler Guido Westerwelle ausgedrückt. Er wolle die Vorschläge von Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach konstruktiv prüfen. Die hatte ihren Verzicht auf einen Sitz im Rat der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" in Aussicht gesellt.

Wenn Westerwelle "umfällt", wiederbelebt er eine alte FDP-Erbkrankheit. (Foto: Foto: dpa)

Nicht ohne Bedingungen allerdings. Mehr Sitze für ihren Verband verlangt sie, die Stiftung solle eigenständig sein und kein Anhängsel des Deutschen Historischen Museums. Und die im Rat vertretenen Verbände sollen die Mitglieder ohne Vetorecht des Bundes frei bestimmen können.

Was Erika Steinbach will, ist ein völlig neues Stiftungsmodell. Und zwar so wie sie es sich immer gewünscht hat: frei von politischer Kontrolle und größtmöglicher Einfluss der Vertriebenen. Genau das aber ist auch der Grund, warum die Stiftung so konstruiert wurde, wie sie heute ist.

Vor allem, um den Einfluss des Vertriebenenverbandes auf die Stiftungsarbeit zu begrenzen. Alles andere wäre den Polen nicht zu vermitteln gewesen. Alles andere wäre auch dem deutschen Volk nicht zu vermitteln gewesen, dem das Gebaren der BdV-Präsidentin und ihres ganzen Verbandes zunehmend suspekt wird.

Was es da an den BdV-Ideen noch "konstruktiv zu prüfen" gibt, bleibt das Geheimnis von Guido Westerwelle. Allein der Umstand, dass die CDU-Bundestagsabgeordnete Steinbach verlangt, um ihretwillen ein Gesetz zu ändern, - quasi eine Lex Steinbach - ist absurd. Noch merkwürdiger ist ihre Begründung, wenn der BdV mehr Einfluss auf die Stiftung hätte, sei es nicht mehr nötig, dass sie persönlich dem Stiftungsrat angehöre. Welch eine Selbstüberschätzung.

Die Stiftung ist so wie sie ist richtig angelegt. Das Konstrukt lässt keinen Zweifel aufkommen daran, dass es hier um Versöhnung, nicht um Aufrechnung von Leid geht. Es ist gut, Polen einzubinden in die Stiftungsarbeit und es war gut, gemeinsam mit den Polen der Stiftung eine Form zu geben, die den Interessen beider Seiten entgegenkommt.

Dazu gehört eben ausdrücklich die Anbindung der Stiftung an das Deutsche Historische Museum. Diese Kopplung verhindert, dass allein der BdV die Deutungshoheit über die Geschichte von Flucht und Vertreibung bekommt.

Hier gibt es nichts konstruktiv zu prüfen. Schon gar nicht "wohlwollend", wie es Merkels Mann im Kanzleramt, Ronald Pofalla formulierte. Der Vorschlag des BdV ist weder ein Kompromiss der Vernunft, noch ein Entgegenkommen des BdV. Er erfüllt schlicht den Tatbestand der Nötigung.

Erika Steinbach hat sich durch eigenes Verhalten für den Stiftungsrat disqualifiziert. Sie hat einst wegen Detailproblemen die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze im Bundestag abgelehnt und bedauert diesen Schritt bis heute nicht. Auch wenn sie und ihre Rolle in Polen maßlos überzeichnet werden, sie und ihr BdV sind in Polen zu Symbolen ewiger Gestrigkeit geworden. Sie soll endlich verzichten. Bedingungslos.

Wenn Westerwelle ihr nachgibt, dann hat er jede Glaubwürdigkeit als Anwalt der deutsch-polnischen Beziehungen verloren. Umfaller, das wäre dann der Titel, der ihm zu Recht angeheftet würde. Der Begriff spiegelt eine alte FDP-Erbkrankheit wider, Westerwelle wollte sie eigentlich bekämpfen. Er scheint es sich anders zu überlegen.

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