Chinesische Reichspostbeamte, Weihnachtsbäume in den Tropen und Südsee-Tänze zu Kaisers Geburtstag: Bis zum Ersten Weltkrieg gehörten Kolonien zum Deutschen Reich. Bilder aus einer fast vergessenen Zeit. Das Deutsche Reich besaß vor dem Ersten Weltkrieg Kolonien in Afrika, China und im Pazifik. Die folgenden Bilder geben eine Übersicht über die etwa ein Dutzend "Schutzgebiete" des Kaisers und deren spätere Entwicklung. Im Bild: Villa des deutschen Gouverneurs mit der kaiserlichen Reichsflagge im Jahr 1910 auf Samoa
DEUTSCH-OSTAFRIKA, heute Tansania, Burundi und Ruanda (Afrika): Deutsche Kolonie seit 1885, handelte es sich bei Deutsch-Ostafrika mit 995 000 Quadratkilometern um das größte deutsche "Schutzgebiet". Im Ersten Weltkrieg versuchten Briten und Belgier, das Gebiet einzunehmen. 1920 gab der Völkerbund das Mandat, also die Vormundschaft, an Belgien und Großbritannien. Im Bild: Einheimischer Dienstbote mit deutschen Kindern im Jahr 1912 in Deutsch-Ostafrika
Belgien erhielt das Mandat für Ruanda-Urundi und Großbritannien für das übrige Gebiet, Tanganjika. Nach Auflösung des Völkerbundes 1946 bestätigten die neu gegründeten Vereinten Nationen die Mandatsvergabe. 1961 wurde Tanganjika unabhängig, 1964 gründete es zusammen mit Sansibar den Staat Tansania. Burundi und Ruanda sind seit 1962 unabhängig. Im Bild: Kavalleristen der Schutztruppe von Deutsch-Ostafrika auf Zebras im Jahre 1911
DEUTSCH-NEUGUINEA, heute nördlicher Teil Papua-Neuguineas: Die seit 1884/85 deutsche Kolonie umfasste das Kaiser-Wilhelms-Land, die Admiralitätsinseln, den Bismarck-Archipel, die Inseln Bougainville und Buka sowie weitere westpazifische Inseln und Inselgruppen. Nach Beginn des Ersten Weltkrieges eroberte Australien das Gebiet im September 1914. Von 1920 an stand es als Völkerbundsmandat unter australischer Verwaltung, was die UN als Nachfolgeorganisation des Völkerbundes bestätigten. 1975 wurde ganz Papua-Neuguinea unabhängig. Im Bild: Katholische Missionskirche in Vuna-Pope bei Kokopo (damals Herbertshöhe) in Deutsch-Neuguinea
DEUTSCH-SÜDWESTAFRIKA, heute Namibia (Afrika): Das Gebiet war seit 1884 deutsche Kolonie. Deutsche Truppen massakrierten Zehntausende Herero und Nama, als die sich gegen die Kolonialherren erhoben. Im August 1915 wurde es von der Südafrikanischen Union - Mitglied des britischen Empires - erobert. Nach Kriegsende war das Gebiet Mandatsgebiet des Völkerbundes, der es unter die Verwaltung Südafrikas stellte. Im Bild: Kamelreiter bei einem Hindernisrennen. Das Kamelreiterkorps gehörte zu den Einheiten der Schutztruppe in Deutsch-Südwestafrika.
Nach der Auflösung des Völkerbundes 1946 bestätigten die UN das Mandat Südafrikas für das Gebiet. Seit 1990 ist Namibia unabhängig. Ein Teil der (weißen) Bevölkerung ist deutschstämmig und hat bis heute Deutsch als Muttersprache. Im Bild: Enthüllung eines Kriegerdenkmals in Windhuk, der Hauptstadt Deutsch-Südwestafrikas, im Jahre 1912
KIAUTSCHOU (Ostchina): Das Gebiet wurde 1897/98 deutsche Kolonie. China verpachtete es und die Deutschen bauten es zu einer Musterkolonie aus. 1914 wurde die Hauptstadt Tsingtau von Japan erobert, nach Kriegsende blieb die Gegend zunächst unter japanischer Verwaltung, bis Tokio sie 1922 an China übergab. Deutsches Überbleibsel bis heute: Chinas älteste und größte Brauerei. Im Bild: Chinesische Beamte der kaiserlichen Deutschen Reichspost vor ihrem Postzug auf der Shantung-Bahnlinie
MARSHALLINSELN UND NAURU (Pazifik): Die später zu Deutsch-Neuguinea gehörende Inselgruppe der Marschallinseln war seit 1884/85 deutsches Schutzgebiet. Im Oktober 1914 fiel das nördlich des Äquators gelegene Gebiet an Japan, das es von 1920 an als Völkerbundsmandat verwaltete. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Inseln Schauplatz blutiger Gefechte zwischen Japanern und Amerikanern. Nach 1945 gaben die Vereinten Nationen die treuhänderische Verwaltung an die USA, die auf einigen Atollen Atombombentests durchführten. 1986 wurden die Marshallinseln unabhängig. Das südlich der Marschallinseln gelegene mikronesische Atoll Nauru wurde 1888 nach kriegerischen Stammenfehden annektiert. Die auf der Insel um 1900 entdeckten Phosphatvorkommen werden noch heute ausgebeutet. 1914 besetzte Australien die Insel kampflos. Seit 1968 ist Nauru unabhängig. Heute werden hier vor der australischen Küste aufgegriffene Flüchtlinge interniert. Im Bild: Badende Einheimische bei Falufa, in der ebenfalls im Pazifik gelegenen deutschen Kolonie Samoa
KAMERUN (Westafrika): Seit 1884 war das Gebiet deutsche Kolonie, Anfang 1916 wurde es von britischen, französischen und belgischen Truppen erobert. Später teilten es Großbritannien und Frankreich in Interessensphären auf. Im Bild: Deutsche Siedler und ihre schwarzen Angestellten in der Kolonie Kamerun vor dem Weihnachtsbaum.
1920 wurde Kamerun Mandatsgebiet des Völkerbunds und unter britische und französische Verwaltung gestellt, was die UN 1945 als Nachfolgeorganisation bestätigten. 1960 wurde Französisch-Kamerun als Ost-Kamerun unabhängig, 1961 wurde es mit dem Süden Britisch-Kameruns verschmolzen, während sich der Norden Britisch-Kameruns Nigeria anschloss. Im Bild: "Oberhäuptling" Malimba im Jahr 1903 in der deutschen Kolonie Kamerun, in Marineuniform und mit seinen Frauen
SAMOA (Pazifik): 1899 teilten sich Berlin und Washington - nachdem sich London aus den Verhandlungen zurückgezogen hatte - die samoanische Inselgruppe untereinander auf. Der Westteil mit den Inseln Upolu und Sawaii wurde deutsch. Gleich nach Kriegsbeginn 1914 wurde Deutsch-Samoa von Neuseeland besetzt, 1920 wurde dem Land vom Völkerbund die Verwaltung übertragen. Nach 1945 wurde Westsamoa UN-Treuhandgebiet, weiterhin unter der Verwaltung Neuseelands. Seit 1962 ist Samoa unabhängig. Im Bild: Parade deutscher Truppen in Apia im Jahr 1910 in der Kolonie Samoa
TOGOLAND (Westafrika): Seit 1884 war das Gebiet deutsche Kolonie. Im August 1914 eroberten Briten und Franzosen Togo, 1920 wurde es unter Aufsicht des Völkerbundes gestellt. Großbritannien und Frankreich teilten sich die Verwaltung und trennten das Gebiet in einen französischen und einen britischen Teil. 1945 bestätigten die UN die treuhänderische Verwaltung. 1956 wurde Britisch-Togoland an Ghana angegliedert, aus dem französischen Teil wurde 1960 die unabhängige Republik Togo. Im Bild: Deutsche Beamte rekrutieren Einheimische für die Polizeitruppe in Lomé, Togoland.
KAROLINEN, PALAU UND MARIANEN (Westpazifik): Diese Gebiete erwarb Berlin 1899 von Spanien: Im Oktober 1914 wurde sie von Japan eingenommen, 1920 gab der Völkerbund die Mandatsmacht an Japan. Nach 1945 fiel es nach UN-Beschluss unter die Verwaltung der USA. Die Karolinen gehören heute zum Teil zu den seit 1990 unabhängigen Föderierten Staaten von Mikronesien und zum Teil zum seit 1994 unabhängigen Palau. Die Nördlichen Marianen haben den Status eines mit den USA assoziierten Staates. Im Bild: Feier des Geburtstages von Kaiser Wilhelm II. in der Kolonie Samoa. In Anwesenheit des deutschen Gouverneurs führen samoanische Frauen einen traditionellen Tanz auf.