Demonstrationen - Leipzig:Demo-Verbot in Leipzig: Brandstiftung nach ruhigem Einsatz

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Polizisten stehen an einer Kreuzung in Leipzig-Connewitz. Foto: Sebastian Willnow/dpa-Zentralbild/dpa (Foto: dpa)

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Leipzig (dpa) - Nach einem aus Sicht der Polizei friedlich verlaufenem Großeinsatz am Samstag in Leipzig sind die Einsatzkräfte in der Nacht an verschiedenen Stellen zu Brandstiftungen und Sachbeschädigungen ausgerückt. Sie stellten sieben Tatverdächtige - darunter vier Frauen und drei Männer, wie die Polizei mitteilte. Um das Verbot drei linker Demonstrationen durchzusetzen, hatte die Polizei von Freitagabend bis Sonntagfrüh massive Präsenz in der Stadt gezeigt. Sie war laut eigenen Angaben mit insgesamt 2000 Beamtinnen und Beamten auch aus anderen Bundesländern vor Ort.

Acht Fahrzeuge gingen in Flammen auf, wie die Polizei am Nachmittag mitteilte. Zunächst brannten am späten Abend zwei Fahrzeuge im Leipziger Westen. Wenig später wurde ein Autobrand in der Innenstadt gemeldet. Vier weitere Wagen wurden durch die Hitze beschädigt. Im Südosten gingen fünf Fahrzeuge an einem Autohaus in Flammen auf. "Es entstand ein sechsstelliger Schaden", sagte die Sprecherin. Die Polizei nahm zwei Männer und zwei Frauen im Alter von 18 bis 24 Jahren vor Ort fest. Sie wurden noch in der Nacht entlassen.

Im Stadtteil Connewitz zündeten Unbekannte Äste, Holzlatten sowie eine Mülltonne an. Polizisten wurden vor Ort mit Steinen und Flaschen beworfen. Verletzt wurde nach ersten Informationen niemand. Im Süden der Stadt stellten Polizisten zwei weibliche Tatverdächtige im Alter von 23 Jahren, die eine Bankfiliale mit Steinen beworfen und mit Teer beschmiert haben sollen. Im Westen griffen Beamte zudem einen 31-Jährigen auf, der mehrere Straßenbahnen mit Graffiti besprüht haben soll. Die Polizei ermittelt bei den verschiedenen Delikten wegen Brandstiftung, Landfriedensbruchs und Sachbeschädigung.

Bereits am Samstagmorgen hatten 30 bis 40 Maskierte im Nordosten der Stadt Steine und Farbbeutel auf eine Bankfiliale geworfen. Zudem zündeten sie laut Polizei Pyrotechnik. Zeugen alarmierten die Polizei, die allerdings keine Tatverdächtigen mehr antraf.

In einer ersten Bilanz am Samstagabend hatte sich die Polizei zunächst zufrieden mit einem weitgehend störungsfreien Verlauf des Einsatzes gezeigt. "Die Leipziger Polizei schaut auf einen Tag mit nur wenigen Vorkommnissen zurück. Das Verbot hat seine Demobilisierungswirkung gegenüber der beabsichtigen Anreise von gewaltgeneigten Personen entfaltet", hieß es am Abend in einer Einschätzung von Polizeipräsident René Demmler.

Am Dienstag hatte die Stadt Leipzig das Verbot dreier Demonstrationen verkündet, für die seit Wochen im Internet unter dem Motto "Alle zusammen - autonom, widerständig, unversöhnlich!" mobilisiert worden war. Als Grund nannte die Stadt die Gefahrenprognose der Polizei Leipzig sowie Lageeinschätzungen des Landesamts für Verfassungsschutz und Recherchen der Versammlungsbehörde.

Die Polizei hatte mehrfach betont, dass sie bei den Demos mit "gewaltbereiten und gewaltgeneigten Personen des linksextremistischen Spektrums" rechne. Das Verwaltungsgericht Leipzig bestätigte das Verbot am Donnerstagabend.

Um das Verbot durchzusetzen, hatte die Polizei einen weiträumigen Kontrollbereich in der Stadt eingerichtet und kontrollierte den Anreiseverkehr. "70 Fahrzeuge und 130 Personen wurden kontrolliert. In einzelnen Fällen haben wir Aufenthaltsverbote ausgesprochen", sagte Polizeisprecher Olaf Hoppe am Nachmittag. Wegen der Kontrollen kam es teilweise zu Stau auf den Autobahnen rund um Leipzig und in der Innenstadt.

In den Sozialen Medien kritisierten viele Nutzerinnen und Nutzer das Großaufgebot der Polizei scharf. Der Rechtsanwalt und Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek schrieb bei Twitter, dass Leipzig einer Festung gleiche. Es seien Polizeibeamtinnen und -beamte in einer vierstelligen Zahl vor Ort, dazu gebe es Personenkontrollen und Hubschrauber. "Das ist im Ergebnis vor allen Dingen unverhältnismäßig."

Auch der Linken-Stadtrat Michael Neuhaus äußerte bei Twitter Kritik. "Die Polizei hatte gestern angeblich keine Mittel, um das im Grundgesetz verbriefte Recht auf Versammlungsfreiheit zu gewährleisten, konnte aber mit hunderten Polizisten ein so begründetes Demoverbot durchsetzen und die halbe Stadt abriegeln", schrieb er. Das sei politisch motiviert.

© dpa-infocom, dpa:211023-99-706195/8

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