Europawahl:Kritik an neuer politischer Vereinigung

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Recep Tayyip Erdoğan regiert mit seiner islamisch-konservativen Partei AKP seit 2014 die Türkei. (Foto: ADEM ALTAN/AFP)

"Dava" will bei den Europawahlen im Juni antreten - Beobachter warnen, es könne sich um einen verlängerten Arm der türkischen Regierungspartei AKP handeln.

Die neu gegründete politische Vereinigung Dava wird von der Politik in Berlin kritisch beäugt. SPD-Bundesvize Serpil Midyatli warnte am Freitag in Kiel: "Bei Dava müssen wir aber ganz genau darauf schauen, wer die Hintermänner sind und woher das Geld kommt." Es gebe mehr als genug Belege, dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan und die islamisch-konservative türkische Regierungspartei AKP hinter der Vereinigung stünden.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sogar dazu auf, gegen Dava vorzugehen. "Es wäre die Aufgabe von Bundesinnenministerin Faeser, dafür zu sorgen, dass bei Parteien, die eindeutig der Einflussnahme ausländischer Interessen in Deutschland dienen, die Gründung unterbunden oder die Teilnahme an Wahlen untersagt wird", sagte Dobrindt am Samstag der Augsburger Allgemeinen. Es handele sich um eine Gruppe, "die sich an muslimische Migranten richtet und ausschließlich dazu dienen soll, als Erdoğans politischer Arm in Deutschland zu wirken".

"Wertkonservativ, aber auch mit progressiven Ideen"

Die Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch (Dava) war Mitte Januar mit der Ankündigung an die Öffentlichkeit getreten, an der Europawahl am 9. Juni teilnehmen zu wollen. Zu den Kandidaten, die Dava bislang vorgestellt hat, gehören unter anderem zwei Männer, die sich zuvor in Islamverbänden engagiert hatten. Dava will nach eigenen Angaben Menschen unterschiedlicher Herkunft als Kandidaten für die Europawahl aufstellen. Vorwürfe, Dava sei der verlängerte Arm der islamisch-konservativen türkischen Regierungspartei AKP von Präsident Recep Tayyip Erdoğan, wies der Vorsitzende der neuen Vereinigung, Teyfik Özcan, 53, zurück.

Seine neue Bewegung beschreibt er als "wertkonservativ, aber auch mit progressiven Ideen". Vorschulbildung sei für ihn ein wichtiges Thema, sagt er. Im Dava-Wahlprogramm heißt es: "Dava verpflichtet sich zum Schutz der Familie durch eine Politik, die traditionelle Werte und Strukturen in den Vordergrund stellt." Außerdem will sich die Bewegung für eine Anerkennung muslimischer Verbände als Körperschaften öffentlichen Rechts einsetzen.

Nach Einschätzung der Politikwissenschaftlerin Karen Schönwälder hat Dava wenig Chancen auf Erfolg. International seien Parteien, die sich an Migranten und Migrantinnen oder eine bestimmte nationale Herkunftsgruppe wenden, kaum erfolgreich, sagte die Forscherin vom Max-Planck-Institut zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften in Göttingen.

Zwar gelinge es den deutschen Parteien in der Summe weiterhin nicht in ausreichendem Maße, Bürger mit Migrationshintergrund anzusprechen. Dennoch hätten sich gerade Deutsche mit Wurzeln in der Türkei etwa seit den 1980er-Jahren "engagiert an demokratischen Prozessen in Deutschland beteiligt", sagte die Politologin. Außerdem unterschieden sich ihre politischen Anliegen nicht grundlegend von denen anderer Menschen.

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