Datenschutz - Wiesbaden:Datenschützer Ronellenfitsch in Ruhestand verabschiedet

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Michael Ronellenfitsch war 17 Jahre lang oberster hessischer Datenschützer und wird heute in den Ruhestand verabschiedet. Foto: picture alliance/Andreas Arnold/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Wiesbaden (dpa/lhe) - Nach mehr als 17 Jahren im Amt des obersten hessischen Datenschützers ist Michael Ronellenfitsch am Donnerstag im Landtag in Wiesbaden in den Ruhestand verabschiedet worden. Die Feierstunde im Musiksaal wurde coronabedingt digital im Internet gezeigt. Landtagspräsident Boris Rhein und Ministerpräsident Volker Bouffier (beide CDU) dankten Ronellenfitsch für seine langjährige Arbeit. Ihm sei die schwierige Balance zwischen den Schutzinteressen der Bürger sowie den Erfordernissen staatlichen Handelns hervorragend gelungen.

Der 75-jährige Ronellenfitsch war nach Angaben einer Sprecherin dienstältester Datenschutzbeauftragter in Deutschland. Er würzte seine Kritik an Datenschutzverstößen gerne mit Humor - etwa bei der Vorstellung seiner Berichte im Landtag. "Wenn ich im Klo 'ne Bombe bastele, ist das nicht mehr im Kernbereich", sagte er einmal zur Frage, wo der geschützte Kernbereich des privaten Lebens endet.

Auch für die Erklärung, welchen Bereich eine Kamera am Haus erfassen darf, wählte er ein griffiges Beispiel: "Um den Überwachungskorridor zu definieren, habe ich immer den sogenannten Pinkelabstand genommen", erläuterte der Datenschützer nach Angaben des Landtags in einem Interview. Eine Kamera dürfe etwa 1,50 Meter rund ums Haus schützen. "Alle, die weiter weg stehen, können nicht mehr an die Hauswand pinkeln. Das mag geschmacklos sein, ist aber einfach verständlich zu machen."

Regelmäßig beschwerten sich Leute über die Überwachungskamera ihres Nachbarn, berichtete Ronellenfitsch. "Mit diesen Kameras wird in der Tat Schindluder getrieben." Es sei unglaublich, wie stark sich die Bevölkerung gegenseitig bespitzele, etwa mit kleinen Robotern oder mit Drohnen. "Es gab eine Zeit, da ist fast jeden zweiten Tag jemand gekommen und hat uns eine abgestürzte Drohne gebracht. Wir haben dann geprüft, ob eine Kamera drin war, und haben die aus dem Verkehr gezogen", sagte er.

In der Corona-Krise wurde der Datenschutz nach Ansicht von Ronellenfitsch zurecht zurückgefahren - um die Pandemie bekämpfen zu können. Die Corona-App könnte seiner Ansicht nach noch deutlich effektiver sein - auch auf Kosten des Datenschutzes. "Entscheidend für einen erfolgreichen Einsatz sind die Standortdaten der Nutzer", sagte er. "Dass die nicht erfasst werden dürfen, macht die App viel schlechter. Ich finde, da geht der Datenschutz zu weit." Ronellenfitsch mahnte aber auch, dass der Datenschutz nach einem Ende der Corona-Krise wieder die Bedeutung erlangen müsse, die er vor der Seuche hatte.

Sein Nachfolger im Amt, der Kasseler Juraprofessor Alexander Roßnagel, fängt im März an. Beim Datenschutzbeauftragten landen Beschwerden und andere Hinweise. Er ist nach eigener Definition "Hüter des Grundrechtes auf informationelle Selbstbestimmung" und überwacht als unabhängige Instanz Behörden und öffentliche Stellen.

© dpa-infocom, dpa:210224-99-577821/4

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