CSU-Sofortprogramm:"Freibier-Strategie auf die Spitze getrieben"

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Die CSU plant schnelle Steuersenkungen - SPD und Opposition halten das für unrealistisch und befürchten soziale Folgekosten. Auch Kanzlerin Merkel lehnt die Vorschläge ab.

Das 100-Tage-Programm der CSU und die darin enthaltenen Steuersenkungspläne stoßen bei SPD, Grünen und der Linkspartei auf deutliche Kritik.

Mit Blick auf das CSU-Vorhaben, aber auch die Steuersenkungspläne der FDP warnte SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier vor einer Gefährdung des Sozialstaats. Die von Union und FDP versprochenen Steuergeschenke seien "entweder nicht finanzierbar" oder führten zu "sozialen Folgekosten", sagte Steinmeier nach einer Sitzung des SPD-Präsidiums in Berlin.

"Was Union und FDP an Steuersenkungen vorhaben, trifft den Kern des ganzen sozialstaatlichen Denkens", sagte auch SPD-Chef Franz Müntefering. Das Geld, was dazu benötigt werde, fehle hinterher für Bildung, Gesundheitswesen und Renten. Sollten die von Union und FDP versprochenen Steuersenkungen umgesetzt werden, müssten entweder die Sozialbeiträge steigen oder die Leistungen gekürzt werden, sagte Müntefering weiter.

Bayerns SPD-Chef Florian Pronold sagte: "Pünktlich zum Oktoberfest treibt das 100-Tage-Programm die Freibier-Strategie der CSU auf die Spitze." Die CSU verspreche Steuersenkungen und gleichzeitig neue Milliardenausgaben: "Selbst wenn man fünf Maß getrunken hat, ergibt diese Rechnung keinen Sinn."

Die Grünen-Finanzexpertin Christine Scheel bezeichnete die "Steuersenkungsversprechen" der CSU als "unredlich und unverantwortlich". Sie fügte hinzu: "Das kommt einer Anstiftung zum Politikverdruss gleich." Während CSU-Chef Seehofer Wohltaten verspreche, kündige Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) harte Einschnitte an.

Ungerechtigkeiten bei der Mehrwertsteuer

Linke-Vizechef Klaus Ernst sagte: "Der Steuersenkungswahn der CSU macht den Staat pleite." Bei einer schwarz-gelben Koalition drohe "ein gigantischer Sozialabbau".

Auch Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel lehnt die Festlegungen der bayerischen CSU für schnelle Steuerentlastungen ab. Die Unterschiede zwischen CDU und CSU in dieser Frage seien bekannt, insofern enthalte der jüngste Vorstoß der CSU in ihrem wenige Tage vor der Bundestagswahl vorgestellten Sofortprogramm nichts Neues, sagte Merkel in einem NDR-Interview.

Die CSU rufe lediglich noch einmal die Dinge in Erinnerung, die sie abweichend von der CDU für wichtig halte. Sie sehe darin kein Problem. "Unser gemeinsames Regierungsprogramm steht", betonte Merkel. "Ich glaube, dass wir sehr gemeinsam kämpfen."

Merkel lehnte erneut eine Festlegung für die geplanten Steuersenkungen ab, die die CSU 2011 und 2012 in zwei Schritten umsetzen möchte. Ebenso erteilte sie einer Zusage für die Einführung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für arbeitsintensive Dienstleistungsbranchen wie Hotels, Gaststätten oder Friseure eine Absage.

Es gebe bei der Mehrwertsteuer sicherlich etliche Ungerechtigkeiten, so dass Änderungen in den kommenden vier Jahren geprüft werden müssten. Es gebe aber jetzt wegen der unsicheren Wirtschaftsentwicklung keine Zusagen.

Bei der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) stößt das Sofortprogramm der CSU auf Zustimmung. Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt sagte auf ddp-Anfrage in München, das Papier enthalte "die Kernmaßnahmen, um dem Abschwung nachhaltig entgegenzuwirken".

Zugleich setze es "Leitplanken für die wirtschaftliche Erholung". Besonders hervorzuheben seien die Beseitigung krisenverschärfender Elemente bei der Unternehmensteuer, die Änderungen bei der Erbschaftsteuer sowie die leichtere Abschreibung von geringwertigen Wirtschaftsgütern.

© AFP/Reuters/dpa/ddp-bay/plin/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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