Corona-Krise:Merkels Verantwortung

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Pressevertreter auf Distanz: Während Angela Merkel am Montagabend im Kanzleramt spricht, halten die Journalisten den geforderten Abstand zueinander ein. (Foto: dpa)

Ihr Platz in der Geschichte hängt nun nicht mehr am Euro oder an der Migration. Am Ende wird zählen, wie Deutschland die Corona-Pandemie übersteht.

Kommentar von Daniel Brössler, Berlin

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Montagabend ihren bislang schwersten Dienst verrichtet. Sie hat dem Ernst einer nie dagewesenen Lage Stimme und Gesicht gegeben. Merkel sprach von Maßnahmen, die so einschneidend sind, dass es sie in der Geschichte der Bundesrepublik nicht nur noch nicht gegeben hat, nein: Solche Maßnahmen waren bislang unvorstellbar. Nun kommt es darauf an, dass die Menschen ihr Land überhaupt noch wiedererkennen.

Merkel hat die notwendige Verantwortung übernommen, indem sie gleich einer Notarin alle mit den Ländern vereinbarten Maßnahmen verlas, die vom Schließen vieler Geschäfte über das Quasi-Verbot von Urlaubsreisen bis zur Sperrung von Spielplätzen reichen. Sie hat aber auch Verantwortung abgegeben, indem sie das Primat der Wissenschaft betonte. So richtig es ist, dass die Politik im Kampf gegen die Corona-Pandemie dem Rat der Experten zu folgen hat, so sehr bleibt doch jede der dramatischen Entscheidungen eine politische. Und auch die Aufgabe, die Menschen von der Notwendigkeit jedes einzelnen Einschnitts zu überzeugen, bleibt vor allem eine der Politik.

Dafür gibt es - wie für so vieles derzeit - kein Rezept. In den vergangenen Wochen war es der Bundesregierung offenkundig nicht in ausreichendem Maße gelungen, den Bürgern die vom neuartigen Coronavirus ausgehende Gefahr und die Notwendigkeit, Distanz zu wahren, in ausreichendem Maße deutlich zu machen. Das zeigte sich in gut gefüllten Kneipen, an der Kasse im Supermarkt und auf Spielplätzen. Es muss nun gelingen, die Menschen zu alarmieren, ohne sie in Panik zu versetzen. Insofern ist es vielleicht gut, dass Merkel nicht aus ihrer Haut kann, dass sie auch in der größten Krise oberste Sachverwalterin der Nation bleibt. Die Frage, ob Merkel das richtige Maß findet, ist zur Frage des Überlebens geworden - für viele Menschen, aber auch für die deutsche Gesellschaft, wie wir sie kennen.

Angela Merkels Platz in der Geschichte hängt nun nicht mehr am Euro, auch nicht an der Migration. Am Ende wird zählen, wie Deutschland die Corona-Pandemie überstanden hat.

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