Der Entwurf für ein neues Infektionsschutzgesetz stößt auf geteiltes Echo. Lob gibt es aus den Bundesländern und von Medizinern vor allem dafür, dass das Konzept keine pauschalen Schließungen von Schulen vorsieht. Kritik kommt auf, weil Deutschland sich wieder in einen "Flickenteppich" bei den Corona-Maßnahmen verwandeln könnte. Auch einige Ausnahmeregelungen für Masken- und Testpflicht stoßen auf Widerstand.
Was ist geplant? Bundesweit soll im Fern- und Flugverkehr FFP2-Maskenpflicht gelten, in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen zusätzlich eine Testpflicht. Allerdings sind Frischgeimpfte und Genesene davon befreit, wenn ihre Impfung oder Infektion nicht länger als drei Monate her ist. Außerdem sollen die Bundesländer in öffentlich zugänglichen Innenräumen wie Geschäften und Behörden sowie in öffentlichen Verkehrsmitteln FFP2-Pflicht anordnen können. In der Gastronomie können Tests die Masken ersetzen - und es gibt dieselbe Ausnahmeregel für Frischgeimpfte und Genesene wie in Krankenhäusern. Bei verschärfter Corona-Lage können die Länder auch wieder die Besucherzahl für Veranstaltungen deckeln. Das Gesetz soll zwischen 1. Oktober und Ostern gelten.
Pandemiepolitik:"Viel bessere Situation als im letzten Herbst"
Nach langem Ringen verständigen sich Gesundheitsminister Lauterbach und Justizminister Buschmann auf ein neues Infektionsschutzgesetz. Größte Änderung: Für Getestete oder frisch Geimpfte soll in vielen Fällen die Maskenpflicht entfallen.
Der Ärztepräsident vermisst "klar definierte Kriterien"
Baden-Württembergs Gesundheitsminister, Manne Lucha (Grüne), zeigte sich enttäuscht über den vorgelegten Entwurf. "Wir hätten uns mehr von dem Entwurf erhofft, da das entscheidende Mittel, nämlich ein umfangreicher Instrumentenkasten für die Länder, nicht vorgesehen ist", sagte er der Deutschen Presseagentur. Zudem hinterfragte Lucha die Ausnahmen bei der Maskenpflicht. Auch sein bayerischer Amtskollege Klaus Holetschek (CSU) sieht noch viele offene Fragen beim geplanten neuen Infektionsschutzgesetz: "Wie funktionieren Kontrollen, zum Beispiel, wenn die FFP2-Maske nicht gilt?", kritisierte er am Donnerstag im ARD-"Morgenmagazin". In einem Punkt begrüßte er den Entwurf allerdings: "Wir wollen alle keinen Lockdown, und wir wollen keine Schulschließungen mehr."
Dass der Entwurf auf Schulschließungen verzichtet, lobte auch Ärztepräsident Klaus Reinhardt. Er sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe am Donnerstag, das neue Konzept sei differenziert "und vor allem endlich mit Rücksicht für unsere Kinder formuliert". Allerdings vermisse er "klar definierte Kriterien", wann eine Überlastung der medizinischen Infrastruktur droht. Die ist ausschlaggebend für eine mögliche Verschärfung der Maßnahmen. Der Entwurf enthalte zwar gute Ansätze, müsse jedoch noch deutlich konkretisiert werden, sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, am Donnerstag im Deutschlandfunk. "Auch im dritten Pandemiejahr haben wir noch keine objektiven Daten", bemängelte er.
Deutliche Kritik an der Ausnahmeregel für Frischgeimpfte und Genesene äußerte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, beim Redaktionsnetzwerk Deutschland. Von einem besseren Schutz der Pflegebedürftigen als im vergangenen Winter könne wegen der Ausnahmeregelung für Frischgeimpfte und Genesene praktisch nicht die Rede sein. Auch Virologe Martin Stürmer sieht diese Ausnahmen kritisch: "Wer sagt mir denn, dass der angepasste Impfstoff mich wirklich eindeutig vor Infektion und Weitergabe des Virus schützt, wenn ich mich im öffentlichen Bereich aufhalte? Das ist nicht gewährleistet und wird sehr schwer zu kontrollieren sein."