Omikron in Deutschland und Europa:Lauterbach schließt Lockdown vor Weihnachten aus

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Während etwa die Niederlande drastische Maßnahmen ergreifen, um Omikron zu bremsen, spricht sich der Gesundheitsminister gegen ein Herunterfahren des öffentlichen Lebens aus. Doch der Druck auf die Bundesregierung wächst - auch durch den neuen Corona-Expertenrat.

Von Henrike Roßbach, Berlin

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat sich gegen einen Lockdown vor Weihnachten ausgesprochen, wie er seit Sonntag in den Niederlanden gilt. "Nein, einen Lockdown wie in den Niederlanden vor Weihnachten, den werden wir hier nicht haben", sagte der SPD-Politiker am Sonntag im "Bericht aus Berlin" der ARD. Gleichwohl betonte er, dass es in Deutschland angesichts der sich rasant ausbreitenden Omikron-Variante zu einer fünften Welle kommen werde, eine kritische Zahl von Omikron-Infizierten sei überschritten. Dieser Welle "müssen wir begegnen", sagte Lauterbach. Bereits am Dienstag wollen Bund und Länder über die Corona-Lage und das weitere Vorgehen beraten.

Lauterbach verwies auf die Booster-Kampagne, mit der jene Menschen geschützt werden könnten, "die sonst besonders gefährdet wären". Zudem erklärte die Bundesregierung das gesamte Vereinigte Königreich mit Kronbesitzungen und Überseegebieten von diesem Montag an zum Virusvariantengebiet. Das bedeutet unter anderem, dass sich auch geimpfte Reisende nach ihrer Ankunft in Deutschland 14 Tage in Quarantäne begeben müssen.

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Geschäfte, Gaststätten, Friseure sind geschlossen: Die Niederlande gehen erneut in den Lockdown. Das ist für den Ministerpräsidenten schwer zu vermitteln, denn noch ist das Unheil nur zu erahnen.

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Andere europäische Länder ergriffen teils drastische Maßnahmen, um Omikron zu bremsen. In London wurde am Samstag Katastrophenalarm ausgerufen, in den Niederlanden gilt seit Sonntag ein Lockdown auch für Geimpfte; fast alle Geschäfte, Gaststätten, Kultur- und Sporteinrichtungen, Schulen und Friseure mussten schließen. Dänemark fährt ebenfalls große Teile des öffentlichen Lebens wieder herunter.

Der neue Corona-Expertenrat sieht "Handlungsbedarf" bereits für die kommenden Tage

Auch der Druck auf die Bundesregierung wächst, strengere Regeln zu erlassen. Der neue Corona-Expertenrat sieht "Handlungsbedarf" bereits für die kommenden Tage, wie es in einer am Sonntag veröffentlichten Stellungnahme hieß: "Wirksame bundesweit abgestimmte Gegenmaßnahmen zur Kontrolle des Infektionsgeschehens sind vorzubereiten, insbesondere gut geplante und gut kommunizierte Kontaktbeschränkungen."

Zuvor hatten bereits die Gesundheitsminister der Länder eine Verschärfung der Corona-Einreiseverordnung gefordert. In einer Videokonferenz am Samstag sprachen sie sich etwa dafür aus, dass für die Einreise aus einem Virusvariantengebiet künftig ein PCR-Test verpflichtend sein soll. Außerdem solle die Testpflicht auf alle Reisenden ab sechs Jahren ausgedehnt werden - bislang sind Kinder unter zwölf Jahren ausgenommen.

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagte: "Wir müssen die Ausbreitung von Omikron so lange wie möglich verhindern und maximal verlangsamen, damit sich noch mehr Menschen impfen lassen können." Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) forderte "eine gemeinsame Strategie gegen Omikron". Die Politik müsse den Bürgern ehrlich sagen, dass Einschränkungen im Alltag auch im neuen Jahr notwendig sein werden. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hält laut Deutscher Presse-Agentur eine Bund-Länder-Schalte womöglich noch vor Weihnachten für nötig.

"Die 30 Millionen sind zu schaffen"

Erstmals entdeckt wurde Omikron im November in Südafrika. Die Mutante weist gegenüber dem Urvirus laut Robert-Koch-Institut eine "ungewöhnlich hohe Zahl" an Veränderungen im sogenannten Spike-Protein auf, mit dem das Virus an Zellen andockt. Erste Untersuchungen zeigen, dass selbst eine zweifache Impfung offenbar nicht ausreichend vor einer Infektion mit der Omikron-Variante schützt. Erst mit einer dritten Booster-Impfung wird die Immunantwort besser.

In Deutschland läuft die Impf- und Booster-Kampagne deshalb auf Hochtouren. Der Leiter des Corona-Krisenstabs im Kanzleramt, Generalmajor Carsten Breuer, hält das Ziel der Regierung von 30 Millionen Impfungen bis Jahresende für erreichbar. "Wir haben jetzt 24 418 540 Menschen geimpft und jetzt noch knapp zwei Wochen Zeit. Die 30 Millionen sind zu schaffen", sagte er der Bild am Sonntag. Gerechnet wird laut Breuer von der Ministerpräsidentenkonferenz am 18. November bis zum 31. Dezember.

Unterdessen gingen am Wochenende in mehreren deutschen Städten Tausende Gegner der Anti-Corona-Maßnahmen auf die Straße. Unter anderem richtete sich der Protest gegen Pläne, eine allgemeine Impfpflicht einzuführen.

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