Corona-Lockdown:Die Erfahrungen in Europa ähneln sich

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Außer Skifahren ist in Österreich nicht viel erlaubt: eine leere Straße in Graz. (Foto: Erwin Scheriau/picture alliance/dpa/APA)

Während in der ersten Pandemiewelle die Infektionszahlen durch harte Maßnahmen meist schnell sanken, bleiben sie nun hoch - gleichzeitig wächst die Unzufriedenheit.

Von Karin Janker, Madrid, Cathrin Kahlweit, Wien, und Nadia Pantel, Paris, Madrid/Wien/Paris

Vom 17. März 2020 an galt in Frankreich eine strenge Ausgangssperre, das sogenannte Confinement dauerte lange 55 Tage. Damals wurde das als Notlösung gewertet, weil die schnelle Ausbreitung des Virus keine Zeit gelassen habe, um effiziente Teststrategien und konsequentes Nachverfolgen der Infektionsketten zu ermöglichen.

Die Regeln waren sowohl für Privatpersonen als auch für die Wirtschaft strenger als alle bisherigen Lockdown-Maßnahmen in Deutschland. Um vor die Tür zu gehen, mussten die Bürger sich eine Bescheinigung ausstellen, selbst für den Gang zum Supermarkt. Spaziergänge waren nur einmal am Tag für eine Stunde erlaubt und auch dann nur in einem Radius von einem Kilometer rund um den Wohnsitz.

Der Erfolg war schnell greifbar; Krankenhäuser wurden entlastet. Aber die Zahlen stiegen, und vier Monate nach Ende der ersten Ausgangssperre, Mitte September, war das französische Testsystem komplett überlastet, Infektionsketten konnten nicht mehr nachverfolgt werden. Ende Oktober setzte erneut eine Ausgangssperre ein, die bis Mitte Dezember dauerte.

Aktuell gilt in ganz Frankreich eine nächtliche Ausgangssperre ab 18 Uhr. Die Schulen sind geöffnet und Arbeitgeber verpflichtet, wo irgend möglich, ihren Angestellten die Arbeit im Home-Office zu ermöglichen. Ob ein dritter, strenger Anlauf kommt, entscheidet Präsident Emmanuel Macron.

Einkaufen und Müll wegbringen - mehr war in Spanien nicht erlaubt

Auch in Spanien brachte der Lockdown im Frühjahr anfangs den gewünschten Effekt, doch er hatte auch eine unerwartete Nebenwirkung: Seither möchte kein Mitglied der spanischen Regierung das Wort "Lockdown" mehr in den Mund nehmen.

Stattdessen behilft man sich nun seit Monaten mit Vermeidungsstrategien, von denen sich die Infektionszahlen indes wenig beeindruckt zeigen. Gesundheitsminister Salvador Illa war anfangs stolz darauf gewesen, dass die Menschen sich "vorbildlich" an die Regeln gehalten hätten. Knapp sieben Wochen lang durften die Spanier nicht nach draußen; lediglich einzukaufen und den Müll wegzubringen war erlaubt.

Bis zum Beginn der Sommerferien blieben die Zahlen tatsächlich auf niedrigem Niveau. Doch als im September die Schulen wieder öffneten, gingen sie wieder hoch. Und sie stiegen weiter, obwohl die Politik die Maßnahmen nach und nach verschärfte. Ein neuer Lockdown steht wohl dennoch nicht bevor. Zu verheerend waren die Folgen des ersten: Spaniens Wirtschaft ist im Jahr 2020 um zwölf Prozent eingebrochen. Das liegt zwar auch daran, dass ausländische Touristen ausgeblieben sind. Doch die Abriegelung hat ihre Spuren hinterlassen. Es scheint, als wolle man nicht noch einmal "vorbildlich" sein in Europa.

Leerer Spielplatz in Barcelona: In Spanien durften die Bürger über Wochen kaum das Haus verlassen. (Foto: Pau Barrena/AFP)

Ausnahmen gibt es in Österreich für den Wintersport

Auch in Österreich gibt es mittlerweile den dritten Lockdown. Eigentlich hätte er am 24. Januar enden sollen; mit einem Beschluss von Regierung und Opposition, aus dem nur die FPÖ ausscherte, wurde er aber bis zum 7. Februar verlängert; etwaige Lockerungen danach soll es nur geben, wenn die Inzidenz, die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner, unter 50 gefallen ist. Obwohl die Regeln, mit umstrittenen Ausnahmen für den Wintersport, schon bisher relativ streng waren, sank die Zahl der Infektionen nicht merklich, sie liegt immer noch bei mehr als 1500 pro Tag.

Eine gewisse Ratlosigkeit hat sich deshalb zuletzt breitgemacht; gleichzeitig wächst der Widerstand gegen die rigiden Maßnahmen in der Bevölkerung. Am Samstag demonstrierten mehr als 10 000 Menschen, darunter Neonazis, Identitäre und Freiheitliche, in Wien gegen die "Corona-Diktatur".

Nun werden die Maßnahmen stattdessen noch einmal verschärft. FFP2-Masken werden in Verkehrsmitteln und Geschäften verpflichtend vorgeschrieben, dazu kommt ein Mindestabstand von zwei Metern zu anderen Menschen. Ob und wie viel das helfen wird, bleibt dahingestellt. Allein in Wien stammten zuletzt offenbar bereits zehn Prozent aller überprüften Proben aus der mutierten, sich schnell verbreitenden Covid-Variante.

Schlange vor dem Zugang zum Skilift an der Talstation Patscherkofelbahn bei Innsbruck. (Foto: imago images/Michael Kristen)

In London öffnen 24-Stunden-Impfzentren

Besonders katastrophal ist die Lage wegen eben dieser Mutation in Großbritannien; die Regierung steht deshalb massiv unter Druck. Die Infektionszahlen liegen bei knapp 40 000 am Tag. Zwar sind bis Montag etwa sechs Prozent der Bevölkerung mit einer ersten Dosis geimpft worden; in London sollen, um den Prozess zu beschleunigen, nun 24-Stunden-Impfzentren öffnen. Weil sich das Virus aber trotz des strengen Lockdowns in Teilen des Landes weiter ausbreitet, hat die Regierung Ein- und Ausreiseregeln massiv verschärft.

Für Reisen nach Großbritannien ist daher jetzt ein negativer Test vor der Einreise notwendig. Gleichwohl müssen sich Ankommende nach ihrer Ankunft in eine zehntägige Quarantäne begeben - egal, woher sie kommen. Diese Selbstisolation kann frühestens vom fünften Tag an mit einem weiteren negativen Test beendet werden.

Die Regelung soll bis mindestens Mitte Februar gelten. Damit will sich Großbritannien auch vor der Einschleppung neuer Corona-Varianten aus anderen Ländern schützen. Für Brasilien, wo neue Varianten entdeckt wurden, und mehrere andere südamerikanische Länder sowie Portugal gilt unterdessen ein komplettes Einreiseverbot.

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