Studie:Warum es bei Migranten wohl eine größere Impflücke gibt

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Zielgerichtete Impfkampagnen empfohlen: Impfbus auf dem Hof des DITIB-Gemeindehauses in Bönen im Kreis Unna. (Foto: David Inderlied/picture alliance/dpa)

Eine Untersuchung zeigt: Die Herkunft spielt bei der Impfbereitschaft keine so große Rolle. Viel stärkeren Einfluss haben Bildung, Einkommen, Alter und Sprachbarrieren.

Von Jan Bielicki, München

Covid, Impfen und Migranten - wenn gleich drei höchstemotional diskutierte Themen zusammenkommen, wird es politisch sehr schnell brenzlig. Das hat auch Lothar Wieler vor knapp einem Jahr zu spüren bekommen, als die Bild-Zeitung den Präsidenten des Robert-Koch-Instituts (RKI) mit den Worten zitierte, es sei "ein Tabu", darüber zu sprechen, dass viele Covid-Intensivpatienten Migrationshintergrund hätten. Das RKI musste schnell klarstellen, dass in Deutschland weder beim Impfen noch im Krankenhaus jemand registriert, woher ein Impfling oder ein Patient stammt.

Dabei wäre es etwa für zielgerichtete Impfkampagnen hilfreich zu wissen, wer sich impfen lässt - und vor allem wer nicht. Am Donnerstag hat das RKI darum nun die Ergebnisse einer Befragung im Rahmen ihres Covid-19-Impfmonitorings (Covimo) vorgestellt. Darin versuchten die Forscher, mehr über Impfquoten und Impfbereitschaft von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund herauszufinden.

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Demnach gaben 84 Prozent der gut 1000 Befragten mit Migrationsgeschichte an, bereits mindestens einmal gegen Covid geimpft zu sein. Unter den ebenfalls mehr als 1000 Befragten ohne Migrationsgeschichte waren das deutlich mehr, nämlich 92 Prozent. Insgesamt liegen diese Werte, die auf den Angaben der Befragten beruhen, deutlich über der offiziellen Quote von bundesweit derzeit 75,9 Prozent, die das RKI aus den Impfmeldedaten der Gesundheitsämter gewinnt - aber diese unterscheiden eben nicht nach Herkunft oder Familie.

Das Resultat der neuen Studie bestätigt ähnliche Erkenntnisse aus früheren Umfragen - und ist doch bei näherem Hinsehen nicht so eindeutig, wie es auf den ersten Blick wirkt. Denn allein der Umstand, dass eine Person eingewandert sei, könne die Impflücke nicht erklären, sagte Elisa Wulkotte, wissenschaftliche Mitarbeiterin am RKI, bei der Vorstellung des Reports. Vielmehr hängt die Impfbereitschaft dem Bericht zufolge wesentlich von Bildung und Einkommen sowie dem Alter ab - alles Faktoren, die das Impfverhalten deutlich mehr beeinflussen als die Herkunft. Eine entscheidende Bedeutung haben jedoch Sprachbarrieren, wie die Befragung ergab: Je weniger gut jemand Deutsch spricht, desto weniger wahrscheinlich ist diese Person geimpft.

Allerdings ist die Bereitschaft, sich doch noch die schützende Spritze setzen zu lassen, unter Ungeimpften mit Migrationshintergrund höher als unter Ungeimpften ohne einen solchen - ein Hinweis darauf, dass es sich lohnen könnte, gezielt auf bestimmte Migrantengruppen zuzugehen. "Hier muss nachgesteuert werden", forderte Wulkotte.

Doch bei welchen Gruppen genau? Dazu ist die Datenlage in Deutschland auch mangels eines Impfregisters immer noch zu vage. Österreich dagegen, wo ein solches Register etwa Geburtsland und Staatsangehörigkeit jedes Impflings notiert, liefert dazu erhellende Zahlen: Dort ist die Impfquote unter Menschen, die etwa aus der Türkei, aus Afghanistan, aus Iran oder aus Deutschland eingewandert sind, teils deutlich höher als unter alteingesessenen Österreichern. Deutlich niedriger ist sie dafür unter Einwanderern aus osteuropäischen Staaten.

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