China:Minister: Spenderorgane meist von Hingerichteten

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Menschenrechtler werfen Peking schon lange vor, dass Exekutierten Organe entnommen werden. Der Vizegesundheitsminister überrascht nun mit einem Eingeständnis.

Zwei Drittel aller Spenderorgane in China stammen von hingerichteten Straftätern. Um die Abhängigkeit von Exekutionen sowie Missbrauch und Korruption einzudämmen, will die Regierung in Peking ein landesweites System für Organtransplantationen aufbauen, wie die Tageszeitung China Daily am Mittwoch berichteten.

Quelle für Spenderorgane: Eine zum Tode verurteilte Frau im Jahre 2001 in Peking. Sie wird zur Hinrichtung geführt. (Foto: Foto: dpa)

In seltener Offenheit räumte Vizegesundheitsminister Huang Jiefu ein, dass schätzungsweise 65 Prozent der Organe von Hingerichteten stammen, "die ganz bestimmt keine angemessene Quelle für Organtransplantationen sind".

Der Vizeminister versicherte, dass die Rechte der Todeskandidaten respektiert würden. So sei eine schriftliche Einwilligung erforderlich. Doch deutete der oberste Chirurg für Transplantationen im Shanghaier Huashan-Krankenhaus, Qian Jianmin, auch Missbrauch an. Im gegenwärtigen Zuteilungsprozess mit den verschiedenen Behördenebenen "kann Korruption aufkommen", zitierte ihn das Blatt.

"Einige ignorieren rechtliche Verfahren hinsichtlich Organspenden von hingerichteten Gefangenen und machen satte Gewinne." Empfänger von Organen zahlen zwischen 100.000 und 200.000 Yuan, umgerechnet 10.000 bis 20.000 Euro, allein für ein Organ.

In China brauchen gegenwärtig eine Million Patienten ein Spenderorgan, doch hat nach offiziellen Statistiken nur ein Prozent eine Chance, auch eines zu bekommen. Unter Führung des chinesischen Roten Kreuzes und mit Hilfe des Gesundheitsministeriums beginnen jetzt Pilotprojekte für ein nationales Spendersystem in zehn Provinzen und Großstädten.

Großer Bedarf

Die traditionell geringe Bereitschaft zu Organspenden in der chinesischen Gesellschaft soll verbessert und eine Datenbank aufgebaut werden. Die Zuteilung der Organe solle festen Grundsätzen folgen und besser beaufsichtigt werden, berichtete die englischsprachige Zeitung. Ein neu zu schaffender Fonds werde bedürftige Hinterbliebene von Spendern finanziell unterstützen.

Wegen des großen Bedarfs haben seit 2006 auch Organspenden von lebenden Personen um 40 Prozent zugenommen, machen aber nur 15 Prozent der Transplantationen aus, berichtete das Blatt. Nach einem Gesetz von 2007 sind solche Lebendspenden allerdings nur zwischen Blutsverwandten und Ehepartnern oder jemandem erlaubt, zu dem es eine "emotionale Verbindung" gibt. Nach Berichten fälschen Vermittler allerdings Dokumente, um eine solche Beziehung vorzutäuschen.

Internationale Menschenrechtsorganisationen werfen China schon lange Missbrauch mit Organen von Hingerichteten vor. In China werden jedes Jahr mehr Straftäter hingerichtet als im Rest der Welt zusammen.

Die Zahl wird als Staatsgeheimnis behandelt, doch schätzt die amerikanische Dui-Hua-Stiftung, die sich für politische Gefangene in China einsetzt, dass jährlich rund 5000 Verurteilte exekutiert werden. Die Anwendung der Todesstrafe in China ist in den vergangenen Jahren verringert worden, gilt aber weiter für 68 Tatbestände, darunter nicht nur Gewaltverbrechen.

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