"Zukunftskongress" der CDU:"Mehr Klimatechniker als Klimakleber"

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"Soziale Marktwirtschaft mit einem klaren ökologischen Kompass", das fordert Klimaforscher Ottmar Edenhofer, Mitte, im Gespräch mit CDU-Chef Friedrich Merz (r.). (Foto: Chris Emil Janssen/Imago)

Mit großem Aufwand bereitet die CDU einen "Zukunftskongress" in Berlin vor und kann viele interessante Gäste dafür gewinnen. Doch dann passiert nicht weit entfernt etwas, das fesselnder ist.

Von Robert Roßmann, Berlin

Eigentlich hat die CDU an diesem Nachmittag die Aufmerksamkeit auf sich lenken wollen - in der Opposition ist das ja nicht so einfach. Die Christdemokraten haben deshalb mit großem Aufwand einen "Zukunftskongress" vorbereitet. Sie haben tausend Gäste aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik eingeladen, um darüber zu reden, wie man "Wirtschaft stärken, Klima schützen, Arbeit schaffen" kann. Sie haben den Kongress im Berliner Tempodrom unter das Motto gestellt "Deutschland kann es besser" - gemeint ist: besser als die Ampelkoalition. Und sie haben tatsächlich eine Vielzahl an interessanten Start-ups, Industrievertretern und Wissenschaftlern für die Gesprächsrunden gewinnen können - allen voran Ottmar Edenhofer, den Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung.

Mit der großen Aufmerksamkeit wird es nichts

Doch dann wird es trotzdem erst einmal nichts mit der großen Aufmerksamkeit für die CDU. Denn keinen Kilometer entfernt, im Berliner Abgeordnetenhaus, läuft ein Wahlkrimi, der fesselnder ist. Eigentlich hätte Kai Wegner schon Stunden vor Beginn der Zukunftskongresses zum neuen Regierenden Bürgermeister gewählt werden sollen. Es wäre ein schöner Auftakt für den Kongress gewesen: Es ist Jahre her, dass die CDU zum letzten Mal eine Staatskanzlei erobert hat. Aber Wegner scheitert im ersten Wahlgang. Und im zweiten Wahlgang. Er könne nur hoffen, dass die SPD im Lauf des Tages noch zur Vernunft komme und die Regierungsfähigkeit der Stadt wieder herstelle, sagt CDU-Chef Friedrich Merz. Als Generalsekretär Mario Czaja den Zukunftskongress im Tempodrom eröffnet, ist immer noch unklar, ob Wegner Regierender Bürgermeister wird.

In einer Woche, in der sich Klimaaktivisten der "Letzten Generation" auf die Straße kleben würden, treffe sich bei der CDU "die nächste Generation" und diskutiere darüber, wie Ökonomie und Ökologie zusammen gedacht werden könnten, sagt Czaja. Man brauche "mehr Klimatechniker als Klimakleber". Denn als CDU glaube man an die Innovationskraft. "Lassen Sie uns die nächste Generation sein, lassen Sie uns zeigen, wie wir die vorhandenen Herausforderungen annehmen und lösen wollen", verlangt Czaja.

Dann beginnt ein Gespräch zwischen Merz und Edenhofer. Der Klimaforscher verlangt eine "soziale Marktwirtschaft mit einem klaren ökologischen Kompass". Dabei müsse der CO2-Preis das Leitinstrument sein, und seine Höhe "die ökologische Wahrheit zeigen". In der Klimadebatte komme der CDU eine überragende Aufgabe zu, da sie die Mitte der Gesellschaft verkörpere und für Marktwirtschaft stehe, sagt Edenhofer. Wer an marktwirtschaftliche Prinzipien glaube, habe die Mittel in der Hand, den Klimawandel zu bremsen.

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Derlei hört Merz natürlich gerne. Die Ampel-Regierung fahre etwa in der Diskussion über künftige Heizungen nur "einen Verbotskatalog hoch", sagt der CDU-Chef. Es müsse aber die richtige Balance zwischen soviel Freiheit wie möglich und soviel Regulierung wie nötig gefunden werden, sonst verliere man die Zustimmung der Bevölkerung.

Dann beginnt eine Reihe an Start-up-Präsentationen und Talkrunden. Doch zwischendurch geht der Blick immer wieder auf die Smartphones. Der CDU-Zukunftskongress dauert schon mehr als eine Stunde, als im Abgeordnetenhaus endlich ein Bürgermeister gewählt ist.

Zum Abschluss des Kongresses hält Merz dann noch eine Rede. "Was war das für ein wunderbarer Nachmittag", sagt er. "Und außerhalb dieses Tempodroms ist auch noch etwas passiert." Nach mehr als 20 Jahren werde Berlin wieder von einem CDU-Bürgermeister regiert.

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