CDU gegen Ampelkoalition:Merz verschärft den Ton

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Er ist der Neue: Friedrich Merz, Gewinner des CDU-Mitgliederentscheids und designierter Parteivorsitzender. (Foto: Reiner Zensen/imago images)

Der designierte CDU-Chef wirft Gesundheitsminister Lauterbach "Übertreibungen" vor und der Ampel eine unsolide Haushaltspolitik. Den Kontakt zur CSU will er verbessern.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Mit Seitenhieben gegen die Bundesregierung und einer Versöhnungsgeste gegenüber der CSU hat Friedrich Merz Kurs auf den CDU-Vorsitz genommen. Der 66-Jährige, der nach einem gewonnenen Mitgliederentscheid im Januar zum CDU-Chef gewählt werden dürfte, wollte sich am Wochenende zunächst mit CSU-Chef Markus Söder verständigen. Auseinandersetzungen zwischen Vertretern von CDU und CSU wie im Bundestagswahlkampf dürften sich "nicht wiederholen", sagte Merz dem Sender Bayern 2. "Wir haben selbst dazu beigetragen, dass wir diese Bundestagswahl so verloren haben."

Gegenüber den Regierungsparteien kündigte der CDU-Politiker eine härtere Gangart an. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) beispielsweise, dessen konsequenten Kurs in der Corona-Pandemie die Union oft mitgetragen hatte, warf Merz überzogene Besorgnis vor. Lauterbach "neigt leider in gewissen Situationen zu sehr starken Übertreibungen", sagt er der Bild am Sonntag. Der FDP hielt Merz vor, mit ihrem Nachtragshaushalt Wahlversprechen gebrochen zu haben. 60 Milliarden Euro für Corona-Hilfen in den Haushalt zu verschieben, sei "alles andere als eine solide Haushaltspolitik".

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"Der Vorwurf ist lächerlich"

Die Liberalen wiesen die Kritik am Sonntag zurück. "Der Vorwurf ist lächerlich", sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr der Süddeutschen Zeitung. "Die Union hat vor anderthalb Jahren die Nettokreditaufnahme erhöht, um die gleichen Aufgaben zu erfüllen. Wir machen das jetzt ohne neue Schulden." Er frage sich auch, welche Antworten Merz auf wichtige Zukunftsfragen habe. "Mit den Thesen der 90-er Jahre ist der Wettbewerb um die besten Ideen nicht zu gewinnen." Nötig sei etwa ein Umsteuern in der Migrationspolitik. "Deutschlands Wohlstand hängt entscheidend davon ab, ob es gelingt, gezielt Zuwanderung zu organisieren." Wenn die CDU sich diesem Ziel verweigere, verliere sie wirtschaftspolitische Glaubwürdigkeit, zum Nutzen der FDP. "Wenn die Union die progressive Gesellschaftspolitik hinter sich lässt, wird Platz in der Mitte frei", sagte Dürr.

Auch die Grünen reagierten demonstrativ gelassen. Friedrich Merz stehe "für einen Rücksturz in die Vergangenheit", sagte Bundesgeschäftsführer Michael Kellner am Sonntag. Schaden für die Regierungsarbeit oder seine Partei könne er darin aber nicht erkennen, im Gegenteil. Merz könnte die "Laufzeit der Union in der Opposition verlängern". Andere Grüne allerdings räumen ein, dass die Regierung jetzt zügig Erfolge liefern müsse. Bei Themen wie Klimaschutz, Transformation oder Gleichstellung sei beim mutmaßlich nächsten CDU-Chef nicht mit Nachsicht zu rechnen. Ob er auch die Oppositionsführerschaft im Bundestag anstrebt und im April Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) ablösen will, ließ Merz offen. Erster Zuspruch kam hier aus Ostdeutschland. Der CDU-Fraktionschef im Thüringer Landtag, Mario Voigt, sprach sich im Tagesspiegel dafür aus, "dass Bundestagsfraktion und Partei mit einer kraftvollen und einheitlichen Stimme auftreten."

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