Burkina Faso:Meuterei in Ouagadougou

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Der Unmut über Burkina Fasos Präsident Kaboré ist zuletzt gewachsen - hier brennen bei einem Protest gegen die Regierung in Ouagadougou Barrikaden. (Foto: Olympia de Maismont/AFP)

Burkina Fasos Bevölkerung ist frustriert, weil die Regierung aufständische Islamisten nicht in den Griff bekommt. Jetzt hat das Militär geputscht - wie im benachbarten Mali.

Von Arne Perras, München

Schießereien in mehreren Kasernen, wütende Proteste auf den Straßen: Nach einem wirren Wochenende im westafrikanischen Staat Burkina Faso hat sich am Montagabend bestätigt, dass Mitglieder des Militärs den Präsidenten abgesetzt und die Macht übernommen haben. Eine entsprechende Erklärung verlas ein Sprecher der Armee im Fernsehen. Nach Medienberichten aus der Hauptstadt Ouagadougou soll der Präsident des Landes, Roch Marc Kaboré, in einem Militärcamp festgehalten werden. Regierungskreise hatten seine Festnahme und den Putsch zunächst dementiert. Seine Partei erklärte, er habe einen Mordanschlag überlebt.

Zuvor war noch ein Aufruf des Präsidenten über seinen Twitter-Account verbreitet worden, in dem er "diejenigen, die zu den Waffen gegriffen haben", aufrief, sie niederzulegen. Die französische Botschaft in Ouagadougou hatte am Morgen von einer "verwirrenden Lage" gesprochen. Burkina Faso ist nun - nach den Coups in Mali, Tschad und Sudan - ein weiterer Staat der Sahelzone, in dem Soldaten die Macht ergriffen haben.

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Allein 2021 gab es fünf Militärcoups auf der Welt. Die Zeit ist günstig für eine Machtergreifung. Zumindest von außen ist wenig Druck zu erwarten.

Kommentar von Arne Perras

Die Meuterer forderten laut Medienberichten, dass mehr Mittel und bessere Ausrüstung für den Kampf gegen aufständische Dschihadisten im Norden des Landes bereitgestellt werden. Sie erhalten dabei offenbar Unterstützung in Teilen der Bevölkerung, die unzufrieden damit sind, wie der Präsident die Islamisten bisher bekämpft hat.

Die Krise dürfte nun auch auf den französischen Präsidentschaftswahlkampf ausstrahlen, Emmanuel Macron wird sich Fragen stellen müssen, welche Konsequenzen die Entwicklungen in der Sahelzone für den französischen Militäreinsatz dort haben werden, nachdem nach Mali nun eine weitere Ex-Kolonie von Putschisten kontrolliert wird.

Die Attacken der Islamisten im Norden des Landes sind zuletzt deutlich häufiger geworden

Ob die Machtübernahme des Militärs tatsächlich bessere Chancen für den Kampf gegen die Dschihadisten bietet, ist fraglich. "Das Risiko ist recht hoch, dass dies nicht gelingt", sagte auf Anfrage der Sahel-Spezialist Andrew Lebovich vom European Council of Foreign Relations. Nach dem Putsch in Mali etwa wurde sichtbar, dass die Armeeführung bald mehr damit beschäftigt war, die eigene politische Macht zu sichern, als den Kampf gegen die Dschihadisten voranzutreiben. Ganz ähnlich könnte es sich auch in Ouagadougou entwickeln, sagte Lebovich.

Den Frust über die Regierung hatten zuletzt blutige Überfälle Ende 2021 befördert, als islamistische Milizen bei Angriffen im Norden Dutzende Menschen töteten, überwiegend Sicherheitskräfte, aber auch einige Zivilisten. Die Truppen vor Ort hatten beklagt, dass ihnen Nachschub fehlte. Als dies bekannt wurde, wuchs der Zorn all jener, die schon zuvor stark den Eindruck hatten, dass Präsident Kaboré keinen rechten Plan für die Bekämpfung der Islamisten habe.

Deren Attacken nahmen 2021 gegenüber dem Vorjahr nochmal massiv zu, das Dreiländereck zwischen Mali, Burkina Faso und Niger gilt als ein Hotspot der Gewalt, mit massiven Vertreibungen und Massakern. Die dortigen Dschihadisten sind gut vernetzt, sie gewinnen Einfluss "durch Einschüchterung, aber manchmal auch durch tatsächlichen Schutz der Bevölkerung", sagt Lebovich, etwa vor Banditen, die solche Gegenden unsicher machten.

Islamisten nutzen vielerorts in der Sahelzone das Elend und das Sicherheitsvakuum, um Kämpfer zu rekrutieren. Bewohner im Norden Burkina Fasos fühlten sich schon von Dauermachthaber Blaise Compaoré vernachlässigt, der durch Massenproteste 2014 stürzte. Die zunehmende Gewalt untergräbt zudem das Vertrauen zwischen Religionsgruppen und Ethnien, die in Burkina Faso lange Zeit recht gut miteinander ausgekommen waren.

Der Konflikt mit den Dschihadisten jagt auch Schockwellen Richtung Süden. Dort wächst die Sorge, dass die Extremisten weiter in die Küstenstaaten vordringen, nach Benin, Togo und auch Ghana. Analysten warnen, dass die schlecht gerüsteten Streitkräfte Burkina Fasos mit dem Kampf gegen die Dschihadisten überfordert sind. Die benachbarte Putschregierung in Mali hat sich Hilfe von russischen Söldnern geholt, womöglich wird diese Option auch die Armee in Ouagadougou locken. Andernfalls, erklärte der amerikanische Politologe Douglas Yates im Sender France 24, hätte das Militär kaum eine andere Möglichkeit, als sich militärischen Beistand aus Frankreich zu holen, der Ex-Kolonialmacht in Burkina Faso.

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