Bundeswehr in Afghanistan:Guttenberg und der Krieg

Lesezeit: 1 min

"Ich verstehe jeden der sagt, in Afghanistan ist Krieg": Verteidigungsminister Guttenberg bricht mit der Tradition seiner Vorgänger - und spricht im Zusammenhang mit dem Einsatz in Afghanistan erstmals von Krieg.

Die Frage ist so alt wie der Isaf-Einsatz selbst: Führt der Westen in Afghanistan einen Krieg? Besonders deutsche Verteidigungsminister zeichneten sich bislang durch strikte Vermeidung des K-Wortes aus. Rudolf Scharping, Peter Struck und Franz Josef Jung hielten sich durchweg an weniger verfängliche Formulierungen wie "Kampfeinsatz" und verwiesen darauf, dass ein Krieg im völkerrechtlichen Sinne Kampfhandlungen zwischen zwei Staaten darstellte und davon in Afghanistan nicht die Rede sein könne.

Der Oberbefehlshaber versucht die Sprache der Soldaten zu sprechen. Karl-Theodor zu Guttenberg auf dem Fliegerhorst Nörvenich. (Foto: Foto: ddp)

Mit dieser Tradition bricht nun der frisch vereidigte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg - zumindest ein bisschen. Auch Guttenberg verweist in einem Interview mit der Bild-Zeitung auf das Völkerrecht und dessen Staatenfixierung. Doch Guttenberg sagt auch: "Ich will ganz offen sein: In Teilen Afghanistans gibt es fraglos kriegsähnliche Zustände."

Geschickt nimmt der Oberbefehlshaber die Warte seiner Streitkräfte ein: "Glauben Sie, auch nur ein Soldat hat Verständnis für notwendige juristische, akademische oder semantische Feinsinnigkeiten?" Er verstehe jeden Soldaten, der sage: "In Afghanistan ist Krieg, egal, ob ich nun von ausländischen Streitkräften oder von Taliban-Terroristen angegriffen, verwundet oder getötet werde".

Aus Guttenbergs Ministerium verlautet unterdessen, dass das Afghanistan-Mandat der Bundeswehr unverändert verlängert werden soll. Erst nach der internationalen Afghanistan-Konferenz soll über eine Anhebung der Mandatsobergrenze von derzeit 4500 Soldaten entscheiden. Das berichtet die Mitteldeutsche Zeitung unter Berufung auf die politische Führung des Bundesverteidigungsministeriums.

Der FDP-Verteidigungsexperte Rainer Stinner bestätigte dies. "Wir werden nach der Afghanistan-Konferenz neue Überlegungen anstellen, aber bis dahin nichts verändern", sagte er der Zeitung.

"Deshalb reden wir jetzt nicht über eine Aufstockung, sondern verlängern erst mal das Mandat. Nach der Afghanistan-Konferenz werden wir die Dinge neu beurteilen." Stinner hält eine Aufstockung für denkbar, wenn das Konzept überzeugend sei.

Über das neue Mandat im Rahmen der internationalen Afghanistan-Schutztruppe Isaf muss der Bundestag spätestens bis zum 13. Dezember abstimmen. Die Bundesregierung will eine rasche Anhebung der Mandatsobergrenze vermeiden, weil sie fürchtet, unter dem Druck der Verbündeten, allen voran der USA, müsse das theoretisch mögliche Kontingent am Ende auch auf jeden Fall ausgeschöpft werden. Ein Termin für die Afghanistan-Konferenz steht bislang noch nicht fest.

© sueddeutsche.de/AP/woja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: