Bundestagswahl:AfD ist stärkste Partei in Sachsen

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  • 27 Prozent der Wählerstimmen hat die AfD in Sachsen erhalten - 0,1 Prozentpunkte mehr als die CDU von Ministerpräsident Stanislaw Tillich.
  • Damit hat sich die Zustimmung zu den Rechtspopulisten in Sachsen dramatisch erhöht. Bei den Landtagswahlen 2014 hatte die AfD nur 9,7 Prozent der Stimmen gewonnen.
  • In Ostdeutschland insgesamt kommt die AfD auf 22 Prozent.
  • Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) zufolge zeigt das Ergebnis, dass sich viele Menschen in Ostdeutschland schlecht behandelt und emotional deklassiert fühlen.

In Sachsen hat die AfD 27 Prozent der Stimmen erhalten - und damit 0,1 Prozentpunkte mehr als die zweitstärkste Partei, die regierende CDU (26,9 Prozent). Das ist eine extreme Steigerung im Vergleich zur Landtagswahl 2014, bei der die AfD auf einen Stimmenanteil von 9,7 Prozent gekommen war. Die SPD konnte lediglich 10,5 Prozent auf sich vereinigen, die Linke 16,1 Prozent, die FDP 8,2 Prozent, die Grünen nur 4,6 Prozent.

Die Christdemokraten, die mit der SPD zusammen die Regierung unter Ministerpräsident Stanislaw Tillich stellen, hatten bei der Landtagswahl 2014 noch fast 40 Prozent erreicht. Zweitstärkste Kraft waren damals noch die Linken (18,9 Prozent), die SPD hatte 12,4 Prozent erreicht, die Grünen 5,7 Prozent.

Die Rechtspopulisten konnten demnach ihre Zustimmung im Vergleich zu 2014 verdreifachen. AfD-Chefin Frauke Petry hat im Wahlkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge außerdem das Direktmandat gewonnen, die Zustimmung für die AfD lag bei den Zweitstimmen mit 35,5 Prozent deutlich vor der CDU, die auf 25,6 Prozent kam, wie aus der Statistik des Landeswahlleiters hervorgeht.

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Auch im Wahlkreis Mittelsachsen lag die AfD bei den Zweitstimmen mit 31,2 Prozent vor der CDU mit 27,7 Prozent. Ein ähnlicher Trend zeichnete sich ebenfalls in anderen Wahlkreisen ab, darunter in Meißen und Bautzen I. In Chemnitz lag die CDU mit 24,9 Prozent der Zweitstimmen nur ganz knapp vor der AfD mit 24,3 Prozent. In Görlitz und Bautzen I zeichnete sich für die AfD zudem ebenfalls der Gewinn von Direktmandaten ab. In Chemnitz und im Wahlkreis Mittelsachsen unterlagen die AfD-Bewerber nur knapp den CDU-Kandidaten.

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In einigen Gemeinden stimmte fast jeder zweite Wähler für die AfD. In Dorfchemnitz im Wahlkreis Mittelsachsen kam die AfD auf 47,4 Prozent der Zweitstimmen. Auch in einigen Gemeinden im Wahlkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge wie Dohma, Gohrisch oder Müglitztal übersprang die AfD die 40-Prozent-Marke.

In Ostdeutschland insgesamt kam die AfD der ARD zufolge auf 22 Prozent.

Ramelow: Viele Ostdeutsche sehen sich schlecht behandelt und emotional deklassiert

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte angesichts des Wahlerfolgs der Rechten, es gebe nun Handlungsbedarf auch im Kanzleramt. Das AfD-Ergebnis zeige, dass sich viele Menschen in Ostdeutschland schlecht behandelt und emotional deklassiert fühlten - bei Renten, Löhnen und durch unsichere Arbeitsverhältnisse. "27 Jahre nach der Wiedervereinigung hätte das gelöst werden müssen." Ramelow steht in Thüringen an der Spitze einer rot-rot-grünen Koalition. Im Wahlergebnis sieht er eher einen Ausdruck von Protest als von politischer Überzeugung. Die neuen Länder sollten künftig Chefsache sein.

Für den Leipziger Politikwissenschaftler Hendrik Träger geht der große Erfolg der AfD im Osten auch auf die geringe Treue der Wähler zu den etablierten Parteien zurück. "Die Wähler sind hier eher zum Wechsel bereit. Starke Parteiloyalitäten, wie wir sie lange aus dem Westen kennen, hat es hier im Osten nach dem Mauerfall nie gegeben", sagte Träger der Deutschen Presse-Agentur. "In den neuen Ländern sind die Bürger eher bereit, auch mal Extreme zu wählen." Somit fielen die politischen Ausschläge deutlicher aus.

Als Gründe für das gute Ergebnis der AfD nannte Träger an erster Stelle die Flüchtlingsdebatte. Sie habe der AfD den entscheidenden Auftrieb gegeben und in den neuen Ländern einen Nerv getroffen. "Im Osten herrscht teilweise die Wahrnehmung, dass für die Flüchtlinge alles getan würde, aber die Einheimischen vernachlässigt würden."

Zugespitzt laute die Frage dazu bei vielen: "Warum die und nicht wir?" Zwar fehle diesem verbreiteten Empfinden die reale Grundlage. "Aber Politik hat eben viel mit der subjektiven Wahrnehmung zu tun", sagte der Leipziger Politikwissenschaftler.

Bei den AfD-Wählern spiele Ideologie eine nachgeordnete Rolle. "An erster Stelle steht die Unzufriedenheit mit den Regierungsparteien - mit "denen in Berlin"." Auch die Erwartungen an die AfD an konkrete Arbeit als Oppositionspartei im Bundestag seien eher gering. "Es geht in erster Linie um Protest und Unmutsäußerung."

© SZ.de/dpa/AFP/mcs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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