Bundestag:Gefechte um die Homo-Ehe

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Colm Tóibín glaubte 2015, dass eine Mehrheit mit Nein stimmen würde, wenn es nur zwei Antworten auf die Frage "Soll in Irland die gleichgeschlechtliche Ehe eingeführt werden?" geben würde. Es kam anders. (Foto: Aidan Crawley/dpa)
  • Die SPD wirft der Union vor, die Gleichstellung von Lesben und Schwulen aus Wahltaktik zu blockieren.
  • Die Abgeordneten der Union sind gespalten in der Frage. Einige Abgeordnete weichen von der Linie der Kanzlerin ab, die Ehe von Homo- und Heterosexuellen Paaren grundsätzlich unterschiedlich behandeln zu wollen.
  • Ein entsprechender Entschließungsantrag im Bundesrat gilt mithilfe der Stimmen der von SPD und Grünen regierten Länder, sowie Thüringens, als sicher.

Von Jens Schneider, Berlin

Im Streit um die Homo-Ehe ist die große Koalition tief gespalten. Während die SPD sich für die volle Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften ausspricht, lehnt die Union diesen Schritt weiter ab.

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Im Bundestag warf der SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs dem Koalitionspartner in einer aktuellen Stunde vor, nur aus taktischen Gründen gegen die "Ehe für alle" zu sein. Es gehe CDU und CSU allein darum, konservatives Profil zu zeigen, sagte er. "Es ist unanständig, es an Lesben und Schwulen auszulassen, dass sie konservative Wähler nicht verlieren wollen", attackierte Kahrs den Koalitionspartner und die Kanzlerin: "Frau Merkel bremst, und das nehmen wir ihr persönlich übel."

Auch in der Union gibt es Befürworter der Homo-Ehe

Der Sozialdemokrat machte deutlich, dass seine Fraktion in dieser Frage auf einer Seite mit Grünen und Linken stehe. Wie auch die Redner der Opposition wies Kahrs darauf hin, dass es auch in der Union Befürworter der Homo-Ehe gebe. Er appellierte an die Führung der Union, für die demnächst anstehende Abstimmung darüber den Fraktionszwang aufzuheben. Ansonsten wäre die SPD-Bundestagsfraktion laut Koalitionsvertrag verpflichtet, die "Ehe für alle" gemeinsam mit der Union abzulehnen.

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Für die Unionsfraktion kamen in der Debatte verschiedene Positionen zu Wort. Mehrere Redner aus der Fraktion sprachen sich gegen die volle Gleichstellung der Homo-Ehe aus. Der CDU-Abgeordnete Helmut Brandt warf Kritikern vor, eine hysterische Debatte zu führen. Er stehe "ganz eindeutig" dafür, die homosexuellen Partnerschaften nicht vollkommen gleichzustellen. "Es gibt eben diesen Unterschied", sagte er. Dagegen warb der CDU-Abgeordnete Stefan Kaufmann für die Öffnung der Ehe. Es sei kein Geheimnis, dass es in der Union unterschiedliche Positionen gebe, sagte Kaufmann. Nach seiner Auffassung würde dadurch die Ehe als Institution sogar gestärkt.

Es gilt als sicher, dass der Antrag im Bundesrat angenommen wird

Im Streit um die "Ehe für alle" wollen SPD, Grüne und Linke an diesem Freitag mit einem Entschließungsantrag im Bundesrat den Druck auf die Union erhöhen. Der Antrag wird von allen rot-grün regierten Bundesländern unterstützt. Auch das rot-rot-grün regierte Thüringen sowie Brandenburg stehen hinter diesem Antrag. Damit gilt als sicher, dass er eine Mehrheit finden wird.

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Die Uneinigkeit über die Homo-Ehe hat bereits zu Verwerfungen in der von der SPD geführten rot-schwarzen Koalition in Berlin geführt. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) wollte dem Entschließungsantrag im Bundesrat unbedingt zustimmen und drängte den christdemokratischen Koalitionspartner, sich seiner Position anzunähern.

Der Berliner Innensenator und CDU-Chef Frank Henkel verweigerte jedoch die Zustimmung und beharrte darauf, dass Berlin sich im Bundesrat enthalten sollte. Das sieht der Koalitionsvertrag für den Streitfall vor. Henkel drohte mit dem Ende der Koalition, am Donnerstag lenkte Müller ein. Die Berliner CDU will nun ihre Mitglieder über die Homo-Ehe abstimmen lassen.

© SZ vom 12.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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