Frauenwahlrecht:"Ich bin eine Quotenfrau"

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Auch ihr habe anfangs die Quote geholfen, sagt CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. (Foto: REUTERS)
  • Vor 100 Jahren wurde das Frauenwahlrecht eingeführt.
  • Bundespräsident Steinmeier beklagt aus diesem Anlass den gesunkenen Frauenanteil im Bundestag, er ist auf den niedrigsten Stand seit zwanzig Jahren gefallen.
  • Die neue CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer hält ein Plädoyer für die Quote - und sieht auch in ihrer Partei noch Nachholbedarf.

Von Robert Roßmann, Berlin

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den niedrigen Frauenanteil im Bundestag beklagt. Der Anteil liegt seit der jüngsten Wahl nur noch bei 30,9 Prozent - und damit so niedrig, wie seit mehr als 20 Jahren nicht mehr. Verantwortlich für den Rückgang ist zu einem Gutteil der Einzug der AfD ins Parlament. In deren Fraktion sind fast 90 Prozent der Abgeordneten Männer.

Allerdings schneiden auch die Fraktionen von Union und FDP mit Frauenanteilen von 20 und 24 Prozent nicht gut ab. Steinmeier sagte am Dienstag bei einer Matinee im Schloss Bellevue, es wäre "wünschenswert, wenn sich der stark zurückgegangene Frauenanteil im Deutschen Bundestag wieder erhöhte". Es könne "keine Demokratie als Idee von Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit geben", an der "nicht Männer und Frauen gleichermaßen beteiligt" seien.

An diesem Donnerstag will auch der Bundestag an die Einführung des Frauenwahlrechts erinnern. In einer Feierstunde zum 100. Jahrestag werden nach einer Begrüßungsansprache von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble die ehemaligen Familienministerinnen Rita Süssmuth (CDU) und Christine Bergmann (SPD) die Festreden halten.

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Außerdem sollen Teile der ersten Rede einer Nationalversammlungsabgeordneten - sie stammt von Marie Juchacz - rezitiert werden. Juchacz hatte darin gesagt: "Meine Herren und Damen! Es ist das erste Mal, dass in Deutschland die Frau als Freie und Gleiche im Parlament zum Volke sprechen darf ... Was diese Regierung getan hat, das war eine Selbstverständlichkeit: Sie hat den Frauen gegeben, was ihnen bis dahin zu Unrecht vorenthalten worden ist." Die Wahl zur Nationalversammlung vom 19. Januar 1919 war die erste, an der Frauen teilnehmen durften.

Bereits am Montagabend hatte die neue CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer bei einer Veranstaltung der Adenauer-Stiftung zum Frauenwahlrecht eingestanden, dass man "noch lange nicht am Ziel" sei. Von außen betrachtet scheine bereits viel in Ordnung zu sein: es gebe eine Bundeskanzlerin, eine Verteidigungsministerin und viele andere Frauen in herausgehobenen Positionen.

Kramp-Karrenbauer sagt über sich: "Ich bin eine Quotenfrau"

Doch der Anteil von Frauen in Unternehmensführungen und politischen Ämtern sei immer noch zu niedrig. Kramp-Karrenbauer hielt deshalb ein Plädoyer für die Quote. Sie sagte: "Ich bin eine Quotenfrau." Dass sie da stehe, wo sie jetzt stehe, habe sie der Quote zu verdanken. Diese habe ihr am Anfang ihrer Karriere "die Chance gegeben, einmal für ein solches Mandat zu kandidieren".

Dass in ihrer Partei noch einiges zu tun sei, zeige auch die Debatte über den Wechsel im Parteivorsitz. "Eine Partei, die 50 Jahre am Stück den Vorsitz weitergegeben hat von Mann zu Mann", habe sich jetzt ernsthaft darüber Sorgen gemacht, ob die Partei es aushalten könne, wenn der Vorsitz von einer Frau an eine Frau weiter gereicht wird.

Allerdings gebe es in der CDU auch viele Fortschritte, sagte Kramp-Karrenbauer. So habe sich - auch durch die Auswertung von Wahlergebnissen - in der Partei die Erkenntnis durchgesetzt, "dass man nur mit einem wirklich überzeugenden Angebot an Programmatik, aber eben auch an Kandidatinnen" Wählerinnen überzeugen könne. Und wenn man Wählerinnen nicht überzeugen könne, könne man keine Wahlen gewinnen.

Steinmeier sagte bei der Matinee in Schloss Bellevue, Frauenrechte seien "nicht die Sache von Frauen allein". Sein Wunsch zum hundertsten Geburtstag des Frauenwahlrechts sei deshalb: "Dass wir alle erkennen, dass Frauenrechte unsere gemeinsame Sache sind." Allerdings sei inzwischen auch viel erreicht worden.

Mit Blick auf Angela Merkel sagte Steinmeier: "Dieses Land wird von einer Frau regiert, die sich in den Jahren ihrer Regierungszeit große Anerkennung und Respekt verdient hat, in Deutschland und in der Welt." Das Amt des Bundespräsidenten sei mittlerweile "das letzte in unserem Land, das bisher noch nicht von einer Frau ausgefüllt" worden sei - die Betonung liege dabei auf "bisher".

© SZ vom 16.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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