Bundesregierung:Die meisten Steine im Koalitionsausschuss bleiben liegen

Lesezeit: 2 min

  • Die Spitzen der Koalition beenden in der Nacht nach sechseinhalb Stunden ihre Verhandlungen.
  • Die Ergebnisse sind überschaubar. Die Mindeststrafe für Wohnungseinbruch etwa soll heraufgesetzt werden.
  • Die Union verwehrt weiter die Zustimmung zur "Ehe für alle".

Von Thorsten Denkler

Die To-do-Liste war lang, mit der die Spitzen der Koalition von Union und SPD am Mittwochabend im Kanzleramt eintrafen. Koalitionsausschuss heißt die Runde. Die Kanzlerin ist dabei, die Parteivorsitzenden, die Generalsekretäre. Und noch ein paar andere, die in der großen Koalition etwas zu sagen haben.

Die Runde trifft sich meist, wenn schwere Steine aus dem Weg geräumt werden müssen. Von diesen Steinen gab es diesmal eine ganze Reihe. Und die meisten blieben liegen.

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Die Sozialdemokraten haben einen entsprechenden Gesetzesentwurf erarbeitet. Und setzen die Union unter Druck.

Sechseinhalb Stunden haben sie im Bundeskanzleramt zusammengesessen. Erstmals hat an einem Koalitionsausschuss Martin Schulz teilgenommen, der neue SPD-Chef und Merkel-Herausforderer. Immer wieder kamen die Fachminister dazu.

Konstruktiv soll die Atmosphäre gewesen sein. Alle Seiten waren wohl darauf bedacht, Handlungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. In sechs Monaten ist Bundestagwahl - die Menschen hätten wenig Verständnis dafür, wenn deswegen schon jetzt nichts mehr voranginge.

Unterm Strich ist die Liste der Uneinigkeit etwas länger geworden als die Konsens-Liste. Die aber ist gerade noch lang genug, um der Koalition nicht Arbeitsverweigerung vorhalten zu können. Hier die Ergebnisse im Überblick:

Einigung:

  • Kinderehen sollen grundsätzlich verboten werden. Die Heiratsurkunde gibt es dann erst ab 18. Alle Ehen von Jugendlichen unter 16 werden aufgehoben.
  • Sozialbetrug von Asylbewerbern wird stärker bekämpft. Die Sozialbehörden sollen künftig auf Fingerabdrücke von Asylbewerbern zugreifen können. Damit soll Sozialleistungsbetrug leichter aufdeckt werden. Außerdem sollen Vaterschaftstests angeordnet werden können, wenn der Verdacht besteht, dass sich ausländische Männer mit der Vaterschaftsanerkennung lediglich ein Bleiberecht ergaunern wollen.
  • Ein nationales Präventionsprogramm gegen islamistischen Extremismus soll um weitere 100 Millionen Euro aufgestockt werden.
  • Die Mindeststrafe für Wohnungseinbrüche soll künftig ein Jahr Haft betragen. Verfahren gegen Einbrecher können damit nicht mehr ohne Weiteres eingestellt werden. Mit dem neuen Mindeststrafmaß wird auch eine Überwachung der Telekommunikation von Verdächtigen möglich.
  • Damit Frauen nicht länger schlechter bezahlt werden als Männer, wird es neue Auskunftsrechte geben. In Betrieben mit mehr als 200 Mitarbeitern dürfen diese erfahren, was ihre Kollegen verdienen. Über den Gesetzentwurf wird schon an diesem Donnerstag im Bundestag abgestimmt.

Keine Einigung:

  • Die Begrenzung von Managergehältern. Beide Seiten wollten sie, nur das Wie bleibt strittig. Die SPD sah vor, dass Unternehmen Managergehälter nur bis 500 000 Euro im Jahr steuerlich absetzen können. Die Union wollte es den Hauptversammlungen der Unternehmen überlassen, wie sie Managergehälter begrenzen.
  • Ein Rückkehrrecht aus der Teilzeit- in die Vollzeitbeschäftigung scheitert an der Union.
  • Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) wollte einen Zuschlag von zehn Prozent auf die Grundsicherung für langjährige Geringverdiener, auch Solidarrente genannt. Auch dieser scheiterte an der Union.
  • Die Ehe für alle. Die SPD will die Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare öffnen. Die Union plädiert für eine klare Ablehnung: Nur Frau und Mann könnten eine Ehe schließen, lautet das Credo.
  • Verschreibungspflichtige Arzneien können auch weiter über das Internet bestellt werden. Gesundheitsminister Herrmann Gröhe (CDU) wollte den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln verbieten. Dagegen war die SPD.
  • Die Abschiebung von Ausländern, die etwa das Sozialamt betrogen haben, wird nicht erleichtert.

Viel Zeit, die Liste der Einigungen abzuarbeiten, bleibt nicht. Was nicht bis zur Sommerpause des Bundestages verabschiedet wird, bleibt auf der Strecke. Ob die Koalition noch handlungsfähig ist, wird sich erst dann gezeigt haben.

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